Es ist ja auch schon wieder Freitag gewesen

# Eben gerade war da wieder der unförmige, nackte Mann auf dem Balkon im ersten Stock in der Dingensstraße, den ich sonst nur wahrnehme, wenn ich schon viel zu trunken und deswegen das alles als einen bösen Traum, der dann aber wohl doch nie ein Traum war, mir aber deswegen tagsüber immer noch traumatisch in den Alltag nachhängt als vages Gefühl, wenn ich da lang muss und will. Die blasse, nächtliche Erinnerung der Dinge die ich sah, sagte und verlor. Egal ob morgens in Eile auf dem Rad zum Büro, mit den lästigen Einkäufen zurück, oder mit dem Kinderwagen dahin, wo das Paradies für kleine, tanzende und singende Mädchen ist: „Bin ich das jetzt, oder war da irgendwie vorhin ein unförmiger, nackter Mann, oder so, oder wie?“

# Als ich gerade meine Straße runterkam, zwei vehemente Eindrücke kurz hintereinander, danach ein dritter Eindruck, über den ich mich freue, über den ich aber ebenso umso irritierter bin. Also: Mein Blick traditionell nach links gewandt, zur lahmen Stammkneipe. Erstens gut, dass um halb drei überhaupt noch offen. Zweitens gut, noch Stühle draußen (mit Leuten drauf!). Drinnen dann die übliche tote Hose, das Stammpublikum (heimliche Kiffer und PR-Strategen). Dann nach rechts mein Blick in diese Familienküche im Parterre, wo immer jemand ist, und wenn da keiner ist zumindest ein Laptop auf dem Küchentisch laut surrt, Zeitungen, ein Sausen ein Browsen, Kleinkinder wahrscheinlich auch dort. Und in dem Moment, wo ich eben rein schielte – ein konzentrierter Vierer-Spieleabend mit Weisswein. Und wo ich mich doch sonst so gerne und überschwänglich über Spieleabende effauchieren kann, gerade eben in dem Moment war mir die Bar mit den einsamen Wölfen einfach ein kleines Stück weniger lieb, als das gemeinsame Kartenspiel der vier Weinkenner. Nur, natürlich, einladen hätte man sich da nun auch nicht mehr können.

# Weiter meines Weges dann Drittens: Noch den beiden oben ausgeführten Eindrücken und der daraus folgenden, eventuell möglichen Erkenntnis nachhängend, fuhr einige Meter vor mir unvermittelt ein Auto an, hupte kurz und der traurige Asiate winkte freudig und lange aus seinem Fenster dem Auto hinterher. Der traurige Asiate sitzt sonst immer und immer und zu jeder Zeit vor seinem Dell-Desktop-Rechner (den er auch tatsächlich auf dem Schreibtisch stehen hat). Immer hat er Licht an und sitzt vor seinem Rechner und dort codet er vor sich hin oder spielt World of Warcraft. Gegenüber von seinem Monitor steht ein spärlich gefülltes Regal mit IT-Büchern und so Tempelfigürchen aus der Heimat. Der traurige Asiate hat wohl auch ein Kind und eine Frau. Einmal sah ich ihn mit einem Jungen auf seinem Schoß und sie hatten gemeinsam Freude vor dem Dell-Rechner. Ich sehe den traurigen Asiaten immer versunken am Rechner. Immer Nachts, manchmal tagsüber. Aber da bin ich auch mit anderen Dingen beschäftigt. Kurzum, komme ich nach Hause im Dunkeln, beim traurigen Asiaten ist noch Licht an und er sitzt da und macht Sachen am Computer. Der traurige Asiate wirkte gerade ungewohnt glücklich, wie er da aus seinem Fenster hing und dem Auto hinterher winkte. Er jubelte beinahe.

# Ich will grillen! Mit Freunden! Und jubelnd Autos hinterher winken!

# Es gibt immer irgendwo noch viel süßere Katzenfotos.

Kommentare sind geschlossen.