re:publica nachlese.

Ehrlich gesagt, möchte ich das alles gar nicht nachlesen :-P

Ich denke lieber darüber nach, ob wir nicht schon längst in dieser digitalen Gesellschaft angekommen sind. Und vielleicht nur der Zug schon längst ohne uns Digitalavantgarde abgefahren ist in eine Richtung, die uns allen gar nicht so lieb ist. Und an Stelle, dass wir darüber mal selbstehrlich reflektieren: Kindergarten und Förmchenklau bis einer weint. Wir nämlich.

Meine bessere Hälfte zum Beispiel ist jene digitale Gesellschaft. Aber eine, die nicht twittert, bloggt oder sonstwie ihre Meinung aus Motiven der Identifikation mit sich Selbst oder des Verändern-Wollens ins Internet schreiben muss. Meine bessere Hälfte geht nie auf irgendwelche Social Media Veranstaltungen. Was soll sie da auch? Genau.

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Was hat meiner besseren Hälfte das Internet je gebracht? Meine bessere Hälfte sucht Wohnungen über das Internet und macht dann dort Telearbeit dank des Internets (heute heißt das Freelancen). Meine bessere Hälfte kauft den silbernen Familienkombi beim 600 Kilometer entfernten Gebrauchtwagenhändler (interessantes, aber unzusammenhängendes YouTube-Video dazu) und schickt mir Elternabendtermine per Google Kalender und Einkaufslisten per Rememberthemilk auf’s Handy (sonst raffe ich Digital-Lurch diese praktischen Dinge nämlich nicht). Das macht meine bessere Hälfte nicht, weil Social Media Spacken oder die Netzpolitik sich darum kümmern, sondern weil die Welt um sie rum so funktioniert. Die digitale Gesellschaft meiner besseren Hälfte findet nicht in selbstverliebten Diskursen auf Blogs, nicht auf Facebook und Twitter statt. Die digitale Gesellschaft meiner besseren Hälfte findet dort statt, wo es praktisch und einleuchtend ist.

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Diese Welt, die da so rumfunktioniert ist genauso unsere Welt, wie die der Anderen. Wir müssen aufpassen, dass wir bei allem, was wir tun, praktisch und einleuchtend bleiben. Denn sonst Passwort: Ghettoisierung. Wenn man sich die Zeit genommen hätte, auf der re:publica nicht selbstvergnügt die immergleichen Gesichter Icons zu grüßen, dann hätte man vielleicht gesehen, wie viele Besucher auf der re:publica waren, die sich mit der Materie auseinandersetzten wollen, aber irgendwie verlassen in der Ecke standen. Verlassen, weil der immer größer werdende enge Kreis so sehr mit sich selbst beschäftigt war. Das fand ich übrigens sehr symptomatisch schon auf re:publicas vergangener Jahre. Daran ist aber übrigens nicht die re:publica schuld.

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Partizipation, Baby! Sonst fährt der Zug ab. Es könnte nämlich sein, dass wir in unseren Blogs und auf unseren Social Media Veranstaltungen einen gleichsam abgehobenen wie veralteten Netzdiskurs von 2001 pflegen, der da draußen schon lange keine Resonanz mehr findet. So schaut’s nämlich manchmal aus für meine bessere Hälfte. Liebe Internetcommunitygemeinde, wegklicken und ignorieren, was Dir nicht gefällt oder anstrengend ist, war gestern.

Das sind beileibe keine neuen Gedanken. Das hat sich nur auf der re:publica 2011 über alles hinweg gezogen, was ich wahrgenommen habe. Aber das sind die mir wichtigsten Gedanken, die ich aus den vergangenen Tagen mitnehme.

Autor: @tristessedeluxe

Hi, ich bin Tillmann Allmer, Digitalstratege aus Berlin. In diesem persönlichen Weblog notiere ich Alltagsbeobachtungen und was mich in der Welt interessiert. Erfahre mehr über dieses Blog. Für Updates folge mir auf Twitter, Instagram und Refind. Oder abonniere Pro2koll.de auf Facebook.

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