8.4.

9.4.

Zurückblickend ist es natürlich albern gewesen, vor vier Wochen, als wir die soziale Distanzierung begannen, einen leeren Kasten Pfandflaschen und auch die beiden Campingkanister mit Leitungswasser zu füllen und in der Besenkammer zu verstauen. „Wer weiß, wie lange wir noch Trinkwasser aus der Leitung bekommen…?“, erinnerte ich mich an die Barcamp-Session eines Preppers, der seine Taktiken für den Katastrophenfall mit seinem Publikum teilte. Mich hat das Wasserabfüllen in dem Moment beruhigt. Ich konnte etwas tun in der Ohnmacht. Das beruhigte. Genau wie die sehr hohe Bargeldreserve, die ich schnell noch aus dem Automaten zog. „Man kann nie wissen“, hatte ich ja erst kürzlich in der Serie „Bad Banks“ gesehen.

Und dann stand ich Anfang der ersten Quarantänewoche vor einem Kühlregal und spürte die Angst in mir hoch kommen, weil es keine Hefe mehr gab. Am Wochenende hatte ich die Bilder in meinen Social Media Feeds von leeren Supermarktregalen noch nicht so recht ernst genommen. Doch die tatsächlich vielen leeren Regale mit Nichts hatte ich nicht erwartet. Achtsam wieder runter pegeln, improvisierter Einkauf und noch ein zusätzliches Paket glutenfreie Maisnudeln gegriffen. Wird schon wieder.

Die Maisnudeln haben uns überhaupt nicht geschmeckt. Heute wurden meine Wasservorräte von den Kindern entdeckt. Ironische Bemerkungen von der 12-Jährigen konterte ich mit einem filmwissenschaftlichen Vortrag über mein langes, mentales Training von diversen Katastrophen- und Endzeitfilmen in der Zeit nach ihrer Geburt, um gewappnet zu sein, die Familie im Ernstfall und so weiter und so fort. Augenrollen ihrerseits. Überhaupt kämpft von uns die 12-Jährige am stärksten mit der neue Familienrealität, der Enge, der Nicht-Schule, der Nicht-Ferien. Alles doof, alles nervt. In den letzten vier Wochen ist der Wandel zum Teenager vollzogen.

(Tempelhofer Feld)

15.5.

15.5.

Ist Aufschieberitis eigentlich vererbbar, frage ich mich, während der Drittklässler zornig entscheidet, dass er das fertige Plakat für sein erstes Referat nicht mit in die Schule nehmen wird, denn er weigert sich, seinen kleinen Vortrag vor der Klasse zu halten. Ich kenne das zu gut und muss an all die Mechaniken, Methoden und Belohnungen denken, die ich mir über all die Jahre angewöhnt habe. Ich kann ihm nur versichern, dass es irgendwann leichter wird, das Lampenfieber zu ertragen, es aber nie ganz verschwinden wird.

Noch ein paar Eindrücke der letzten Schulbesichtigungen. Alte Erinnerungen kommen hoch. Von Völkerball in muffiger Turnhalle mit Parkettboden, Biologiepräperaten, riesigen Kunsträumen und unendlichen Treppenhäusern. Zum Glück führen einen Schüler durch die Gebäudelabyrinthe, die man auch über alles ausfragen kann. Wir haben auch schon neue Bekannte gefunden unter den anderen Schultouristen. Nach dem heutigen Tag bin ich insgesamt beruhigt. Wir werden schon was passendes finden. So katastrophal wie man ständig hört scheinen die Berliner Schulen gar nicht. Nur die Toiletten, die Toiletten müffeln bisher alle. Vier oder fünf Schulen haben wir zur ersten Orientierung noch vor uns.

(Berlin, Germany)