Dokumentation, Deutschland 2003, von: Herlinde Koelbl (Produktion WDR), 60 min.
:::: gesehen auf ARD
Vor Jahren habe ich mal das Fotobuch „Das Deutsche Wohnzimmer“ von Herlinde Koelbl gesehen und dann einigen Leuten zu Weihnachten geschenkt, weil’s so klasse ist. Unterschiedliche Bevölkerungsschichten und wie sie sich in ihren Wohnzimmern präsentieren. In ihrem 2002 erschienen Buch „Schlafzimmer“ ist Herlinde Koelbl in die Privatsphäre der Menschen vorgedrungen. In Berlin, London, Paris, Rom, Moskau und New York hat sie ganz unterschiedliche Menschen in ihren Schlafzimmern aufgesucht – von Berühmtheiten wie Wolfgang Joop oder Christoph Schlingensief bis hin zum einfachen Rentner oder einer fünfköpfigen Familie.
Die Fernsehdokumentation widmet sich sieben Schlafzimmern von weniger berühmten Zeitgenossen: Ein junges Ehepaar, ein Franziskanermönch, eine Widwe, eine Moslemehe, der Obdachloser am Kottbusser Tor, eine Berliner Szenefrau und ein reiches Londoner Ehepaar.
Die ARD schreibt zum Film: „Schlafzimmer zählen zu den privatesten Räumen eines Hauses. Dort lassen ihre Bewohner alle Masken fallen und offenbaren ihre wahre Persönlichkeit. Nur dort können Menschen schutzlos sein und geborgen. Es ist das Nest. Der Rückzugsort. Fast ein Drittel unseres Lebens verbringen wir dort.
Selten wird Fremden Zutritt zu diesem Zimmer gewährt. Für Herlinde Koelbl haben Junge und Alte, Arme und Reiche ihre Türen geöffnet. Durch ihre sensible Annäherung erzählen die Portraitierten überraschend offen von Liebe, Einsamkeit, Träumen und ihren Ritualen. Es gibt Momente der Intimität, der Heiterkeit, aber auch der Komik.“
Trotz des sensiblen Themas gelingt es dem Film teilweise sehr gut, die Menschen in ihren Schlafzimmern zu porträtieren, auch wenn die Ankündigung etwas mehr erwarten ließ. Es wurde nicht zu tief vorgedrungen, sondern vorsichtig beobachtet, die Intimsphäre bewahrt. Besonders gut gefallen hat mir das reiche Londoner Paar, das nicht vor 12h aufsteht und ihre Tagesgeschäfte vom Bett aus erledigt. Bedrückend das emotionslose Ehebett der Widwe. Beengend die Kuscheltierliebe eines Soldaten mit seiner Frau. Höflich-distanziert beim Franziskaner und bei den Moslems. Und schön mal den Bewohner des Matratzenlagers unter der U-Bahnstation am Kottbusser Tor kennen zu lernen.
Eine kleine Schwäche: Dramaturgisch sollte sich der Kreis schließen – vom Aufstehen zum Schlafenlegen. Da wohl aber nicht bei allen bis in die Nacht gedreht werden konnte, wirkte das ein manchmal zu hölzern inszeniert. Insgesamt aber eine hübsche soziologische Beobachtung, das Fotoband werde ich mir bei Gelegenheit mal demnächst ansehen.