Retrospektive: Miranda Pennell


www.mirandapennell.com

Lasse gerade die letzte Woche Revue passieren, Erholung vom Festival, Aklimatisierung an den Alltag. Von allen Programmen auf dem 24. Kurzfilmfestival interfilm Berlin ist mir die Retrospektive Miranda Pennell (Offizielle Homepage / Retrospektive auf dem Festival) am liebsten gewesen. Ihre Filme haben überrascht und wieder eine Lust am bewussten Filme-Sehen geweckt, weil sie visuell herausfordern und sich nicht an Erwartungshaltungen messen mussten. Das mag ich am experimentellen Kino, man muss sich drauf einlassen wollen.

Miranda Pennell macht choreographische Filme. Keine „Tanzfilme“ an sich, aber Filme, die durch Choreographie der visuellen Ebene eine weitere Perspektive hinzufügen, den Film um ein eher filmfremdes Element formal stilisieren und damit bereichern. Man könnte von choreographierten Dokumentarfilmen reden, von Bewegungs-Porträts oder von narrativ-experimenteller Körpervisualisierung, um zu versuchen, sich der Sache zu nähern. Angenehm zwischen den Stühlen, das alles. Und auch eine angenehme, ihre Arbeit reflektierende Filmemacherin, schien es mir. Auf YouTube findet sich ein Ausschnitt einer ihrer Filme – Miranda Pennell: You Made Me Love You (2004) – Einundzwanzig Tänzer spielen Katz und Maus mit einer unberechenbaren Kamera.

Film: Wall-E – Der letzte räumt die Erde auf

USA 2008 – Regie: Andrew Stanton

Ja, süß. Handlung recht vorhersehbar. Fehler: nicht auf großer Leinwand gesehen. Zwei Dinge, die mir durch den Film mir gedanklich aufhebenswert erscheinen:

1. menschliche Darstellung in Computeranimationen: Ich finde es interessant, welche visuellen Lösungen gefunden werden, um Menschen in CGI-Filmen darzustellen. Die vormalige Gangart des Fotorealsimus in der Darstellung von Menschen wird nicht mehr verfolgt. Ich kann mich irren, aber seit „Final Fantasy“ oder dem ver-cgi-ten Tom Hanks in „Polarexpress“ wird nicht mehr versucht, ein perfektes, realitätstreues Abbild von Menschen am Computer zu entwickeln. Stattdessen wird der Mensch karrikiert, während Landschaft, Umwelt, Gegenstände und evtl. Pflanzen weiterhin Thema des Computerrealismus bleiben. Ist jetzt hier bei „Wall-E“ nicht ganz zutreffend, weil alles in einer Zeichentickwelt angesiedelt ist. Trotzem aufgefallen.

2. distopische Zukunftsentwürfe: Find ich ja immer toll im SciFi und die zukünftige Welt, die in „Wall-E“ beschworen wird hat trotz sweetness des Hauptdarstellers doch einen herrlich grausigen Beigeschmack. Dickliche, menschliche Maden, die nur noch auf Bildschirme starren und Instant-Nahrung aus Bechern schlürfen – bisschen wie auf der Games Convention.

Blogeintrag über Blogeinträge (AT)

Vorhin hab ich gedacht, man könnte ja eigentlich mal wieder was schön Privates bloggen. So vollkommen selbstreferenziell und ohne jegliche Relevanz für den Leser. Und dann dachte ich, man kann das ja gar nie nie nie so genau wissen, was für den Leser/ die Leserin da so relevant ist und was nicht. Mein Follwer, das unbekannte Wesen. Ich meine, es gibt ja auch Fernsehprogramm. Was weiss ich, was das da alles immer für Relevanz hat – „Blogger sucht Frau“ – oder was die da immer versenden. Klar, gesellschaftsbildend, Katharsis und so Zeug. Aber mal unter uns, „Schmidt & Pocher“? Wer schaut das denn noch? Oder den ollen Raab? Pro Sieben wiederholt jetzt übrigens auch wieder Oswald Kolle. Ich kann da nicht drüber lachen.

Stichwort „frei von der Seele bloggen“: Ich bin ja nie so gerne auf Bloggertreffen gegangen, gehe jetzt aber trotzdem gern zu Treffen, wo auch Twitterer sind. Ist eigentlich das selbe, nur irgendwie flüchtiger, unverbindlicher. Trotzdem gab es da immer die Scheu, dass Leute, die man irgendwo in der Kneipe trifft, nur weil die in das Internet was reinschreiben, auf einmal mehr aus dem Kram rauslesen könnten, den man selber in das Internet hier reinschreibt. Ist bei twitter genau so, versendet sich scheinbar nur schneller. Bleibt ja aber doch alles da. Nur dadurch, dass man selber beiläufiger schreibt und vermutet, es wird auch beiläufiger gelesen, ist das aber eben am Ende immer noch da. Und was macht man nun eigentlich mit den Leuten aus dem echten Leben, die man kennt, aber los werden möchte, oder an die das Geschreibsel eigentlich nicht adressiert ist und die einen vom Frei-von-der-Seele-Bloggen irgendwie ungewollt abhalten? Auf diesen Twittertreffen ungewollt Erfahrung mit der Lücke zwischen dem Selbst und der eigenen Screen-Persona gemacht. Ist eher Fun, wenn auch befremdlich. Man ist ja sonst eher nur sein eigener Fan. Wenn überhaupt.

Aber wen frag ich das eigentlich schon wieder und wieso? Ach ja, weil neulich jemand irgendwo (auf DEM Relevanzportal Facebook!) wieder meinte, Relevanz hat das mit dem Bloggen alles nix. Und jetzt im Chat auch wieder diese Privatheit-Öffentlichkeit-Schere aufkommt. Relevanz liegt halt nicht nur auf Seiten des Betrachters. Relevant ist es, wenn es irgendwem Spaß macht (oder sonst was bringt).

Und sonst so? Ach, es geht mir gut auf Normal-Level. Das Baby wächst, mit ihm/ihr die (Selbst-)Aufgaben und man selber dazu auch noch. Mehr Geld wär‘ okay, andereseits müsste man sich dann ja wieder entscheiden, irgendwelche unrelevanten Dinge zu kaufen.

Film: Be Kind Rewind

:::: heute nachmittag gesehen

USA 2008 – Regie: Michel Gondry – mit: Jack Black, Mos Def, Danny Glover, Mia Farrow, u.a.

Von Michel Gondry erwartet man visuelle Verspieltheit, doch leider geht in seinem neuen Film – mit dem lahmen deutschen Titel „Abgedreht“ – die sympathische Bastel-Kino-Attitüde auf Kosten von Tiefe und emotionalem Kern der Narration. Bin etwas enttäuscht nach dem Film im Vergleich zu seinen vorherigen Filmen „Vergiss mein Nicht“ und „Science of Sleep“.

Kurz der Inhalt, woanders herkopiert: Durch einen Unfall löscht der vertrottelte Jerry versehentlich alle Kassetten in der Videothek seines Freundes Mike. Doch die beiden haben eine zündende Idee: für eine Kundin, die unbedingt Ghostbusters sehen möchte, drehen sie den Film kurzerhand einfach selbst nach! Wider Erwarten steigt die Nachfrage nach den Bändern und nun müssen neue Filme produziert werden. Zusammen mit den Bewohnern des Viertels drehen die beiden ihre eigenen Versionen von zahlreichen Filmklassikern nach. Über Nacht werden sie zu den Stars der Nachbarschaft und hauchen nicht nur der alten Videothek neues Leben ein.

Diese selbstgedrehten Filme sind dann auch das einzige Highlight der Geschichte. Jedoch bleiben diese überdrehten Parodien alleine doch recht fade. Der Rahmenhandlung fehlt an Tiefe und die Story insgesamt verläuft recht zäh und innerhalb unlustiger Dialoge ab. Nun, auch die Überdrehtheit von Jack Black muss man mögen. Das, was mich an „Be Kind Rewind“ interessiert hätte – der filmische Umgang mit dem Thema Remakes – wurde schnell uninteressant. Statt dessen aber interessant: Der Film romantisiert eine Ideologie der Sebstermächtigung, die ja dem sharing-Geist und dem user-generated-Content im Internet gleich kommt, sowie der Remix-Kultur heutiger Zeit. Super Thema für einen Kinofilm, aber bleibt trotzdem ohne weiteren Erkenntnisgewinn (außer vielleicht, dass user-generated Kram zwar toll Hype ist, weil selbstgemacht, aber an Qualität leidet, was ja aber nichts Neues…).

Filmkunstmesse Leipzig 2008

Anfang September war ich in Leipzig auf der Filmkunstmesse und hab da natürlich auch ein paar neue Filme gesehen. Da mir z.Zt. meine Motivation für mein Filmtagebuch hier etwas abhanden gekommen ist, hier nur der Vollständigkeit halber schnell die kurzen Eindrücke, die ich damals über die gesehenen Filme getwittert hatte:

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„Neulich in Belgien“, schöne, humorige und rührende Mid-Life-Love-Stroy. Narben der Lebensläufe und authentische Figuren.

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„Rumba“, Tati-Slapstick mit viel Traurigkeit. Für Liebhaber des schwarzen, visuellen Humors.

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Der neue Wim Wenders, „Palermo Shooting“, ist auch nach dem Umschnitt nix als heisse Luft. Altherren-Selbstfindungs-Dings.

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„Das Fremde in mir“, Film über postnatale Depression. Tabuthema sehr berührende und sensibel umgesetzt. Trotzdem irgendwie fahler Beigeschmack.

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„Three Monkeys“ von Ceylan ist sehr intelligentes türkisches Arthouse. Respekt an den Kinoverleiher für solchen Idealismus.

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Uff. „Stadt der Blinden“, das ja mal endlich ein ungewöhnlich packendes Ding gewesen. Endzeitthriller, Sozialpsycho & Emo-Kitsch.

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Woody Allens neuer Film „Vicky Cristina Barcelona“ ist harmlos. Alles sehr leicht und hübsch anzuschauen. Lässiges Ding.

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Hab gestern mich noch in „O’Horton“ geschlichen. War gute Entscheidung. Lakonischer Film aus Norwegen.

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Eben letzter Film, Globalisierungs-Doku „Let’s Make Money“ über die Finanzindustrie mit erstaunlich klaren Insider-Statement.

Film: About Schmidt

:::: gestern gesehen auf Kabel1

USA 2002 – Regie: Alexander Payne; mit: Jack Nicholson, Hope Davis, Kathy Bates, Howard Hesseman, Dermot Mulroney, Len Cariou, June Squibb, Matt Winston

Hab ich gersten spontan angeschaltet, nachdem bosch das als Empfehlung getwittert hatte. Jack Nicholson spielt einen Pensionär, dessen Frau spontan stirbt und er dadurch gewahr wird, wie alleine er ist. Hinzu kommt, dass seine einzige Tochter demnächst in eine Familie einheiratet, mit deren Lebensweise er nicht klar kommt. Er entscheidet sich für eine Tour mit seinem riesigen Wohnmobil, das schon lange auf ihn wartet. Sein mittelfristiges Ziel ist Denver, wo er sich mit seiner Tochter aussöhnen möchte. Doch als er ihren Bräutigam und dessen Bohemien-Familie dort erlebt, fasst er einen Entschluss: Das ist alles nix, die Hochzeit darf nicht stattfinden. Doch als liebender Vater macht er gute Miene zum Willen seiner Tochter. Nach der Hochzeit fährt der einsame, alte Vater wieder nach Hause. Dort rührt ihn ein Brief zu tränen – Gefühle, die er lange unterdrückt hat.

Zufällig reingeschaltet, bis zu Ende gesehen, geweint. Familie und Melancholie ist immer wieder eine gute emotionale Mischung für mich. Naja, und Herrn Nicholson kann man ja sowieso immer gut bei der Arbeit zusehen.