Filme: „Prince of Broadway“ & „Nights and Weekends“

:::: beide Filme gesehen am 23.1.09 im Babylon Berlin:Mitte

Prince of Broadway

USA 2008; R: Sean Baker; mit Prince Adu, Karren Karagulian, Aiden Noesi; Digibeta, 100 min, OV


In der American Independent Filmreihe im Babylon gewesen. Zunächst diesen Film gesehen: Lucky lebt von der Hand in den Mund. Sein Job: Kundschaft vom Broadway anlocken für einen kleinen, halblegalen Shop, in dessen Hinterzimmer Schwarzimporte verkauft werden. Plötzliche taucht aus heiterem Himmel eine ehemalige One Night Stand Bekanntschaft bei Lucky auf und überlässt ihm kurzerhand den angeblich gemeinsamen Sohn. Zunächst vollkommen überfordert, selber ja kaum für sich selber Verantwortung übernehmend, reift Lucky an der überraschenden Vaterschaft. Bis dahin ist es jedoch ein weiter, verfluchter Weg durch den Großstadtdschungels New Yorks. Durch Improvisation mit den Schauspielern entlang eines Drehbuchs entsteht „Realismus“. Dazu Handkamera. An sich ist das als Stilmittel von unabhängigen Filmen verschiedenster Länder seit den 1960ern ja nichts Neues. Hier jedoch gelingt die Mischung einer Street-Authentizität mit einem packenden, tiefen Handlungskern sehr gut. Homepage: www.princeofbroadway.com/

Nights and Weekends

USA 2008; R: Greta Gerwig, Joe Swanberg; mit Greta Gerwig, Joe Swanberg; Digibeta, 90 min, OV


Am selben Abend gleich noch einen Film hinterher, der war dann aber nicht so gelungen. Ebenfalls um Authentizität bemüht verfolgt man in „Nights and Weekends“ eine etwas schleppende Paarbeziehung.
Er lebt in Chicago, sie in New York. Anstatt die Freuden dieser Fernbeziehung genießen zu können, werden die gemeinsamen Wochenenden zu Erinnerungen über die Schwierigkeiten ihrer Beziehung. Episoden in der Zeit später, nach der Trennung, treffen sie sich irgendwann wieder und versuchen an der Illusion ihrer Beziehung anzuknüpfen, was natürlich erneut scheitert.
Der Film gehört einer Bewegung an von jungen Filmemachern und seit 2002 zahlreich entstandenen Ultra-Low-Budget-Filme, welche unter dem Begriff Mumblecore (to mumble = nuscheln, murmeln) zusammengefasst wurden. Von dieser Strömung hatte ich vorher noch nicht gehört, Kernanliegen dieser Filme ist wohl immer, die Gefühlslage von Twentysomethings einzufangen. Schönes Thema, was allerdings besser schon in den 1990ern in vielen Arthouse-Filmen Hollywoods gelungen war. Ich muss sagen, für mich sah das alles ziemlich unausgegoren aus und die Schauspielerin nervte. Das war alles so leicht übertriebenes Acting auf so einer anstrengenden Realness-Ebene, aber halt nicht echt, sondern Schauspielform. Joe Swanberg haut wohl als Regisseur in Abständen von wenigen Monaten viele solche Filme raus. Daher ist die Qualität des Einzelfilms eventuell auch eher in dem Zusammenhang einer Arbeitsserie zu sehen. Mal beobachten. Mumblecore, noch nie gehört. Wird ja aber auf der Berlinale auch was von zu sehen sein.

Exkurs
Am Samstag dann am Nachmittag hängen geblieben bei einer Sendung auf arte über Alexander Kluge. Da war sie wieder, die Sehnsucht nach Realität im Bewegtbild und die Abkehr von medialer Illusion. Beide Filme oben haben beide auch den Anspruch durch Reduktion der stilistischen Mittel eine Form von Realismus zu zeigen. Beide Filme jedoch, der eine besser, der andere schlechter, stecken aber um für mich wirklich außerordentlich interessant zu sein, formal zu sehr in der Gattung „American Independent“ und bedienen sich an Stilen, die seit den 1960ern im unabhängigen Kino etabliert sind. Darüber hat nun Alexander Kluge auch gesprochen, als es um seine frühen Film ging. Improvisation im Schauspiel, die Abkehr von „Opas Kino“ (was wohl nicht nur thematisch gemeint ist, sondern auch rein die Produktionsmittel angeht), die Loslösung von Zwängen, das Entfesselte-Filme machen. Man kennt die Sehnsucht nach filmischer Freiheit aus dem Oberhausener Manifest vom 28. Februar 1962.

Was nun aber interessant war, dass Kluge sich innerhalb seines sehr vielschichtigen Anspruchs auf medialen Realismus für dieses Video begeistern konnte. Denn dieses 15 Sekunden langes Zoobesucher-Video schafft eine Realität einzufangen, die universal funktioniert und nicht durch irgendeine Inszenierung die Realität herausfordert.

Der neue mediale Realismus findet nicht in der Wiederholung der immer gleichen Filmstile von ehemals revolutionären Filmströmungen statt. Sie findet nicht dort statt, wo das scheue Reh Realismus mit schauspielerischen und visuellen Experimenten auf eine Lichtung gelockt wird. Und für mich persönlich findet das alles momentan auch immer weniger im Kino statt.

Wenn ich jetzt heute …

… hier noch was bloggen würde, hätte ich wahrscheinlich das Bedürfnis, über meine innere Wut seit wenigen Tagen zu schreiben, darüber dass der Verband der Branche, in der ich arbeite, mit einem Projekt aus Versehen und vollkommen in gutem Willen dermaßen in meinem Gewässer fischt, ich aber aus anderen Verquickungen und Interessenslagen nicht so wütend darüber sein darf, wie ich eigentlich möchte. Darüber blogg ich aber nicht. Wurmt trotzdem sehr.

… den Tag zusammenfassen wollte, fiele mir als erstes der nicht geschriebene Blogeintrag von gestern ein, in dem ich darüber schreiben wollte, was mir durch den Kopf geht, dass so geschätzte Internetleute wie Don Dahlmann und Sascha Lobo jetzt aktuell auf eigener Namens-Domain ihre Privat-Blogs starten. Beide aus durchaus nachvollziehbaren Gründen. Ich habe ebenfalls über den Jahreswechsel darüber nachgedacht, diese wohlige Kinderstube blogger.de zu verlassen und tristesse-deluxe.de zu reloaden. Oder gleich alles auf meiner Realname-Domain, eventuell? Ist das ein aktueller Trend, dass jetzt nach den Blogs-sind-tot-Rufen eine Renaissance, ein neues Bewusstsein über das Bloggen eintritt? Basic hat sein Blog verkauft, um Privat- und Fachblog zu trennen und irgendwie, keine Ahnung, „was Neues“ anzufangen. Ähnliche Motivation bei Herrn Dahlmann, (also jetzt nicht der Ausverkauf, wenn ich das richtig verstehe). Naja, und Sascha macht mit dem neuen Blog das, was ich mit hier eigentlich sowieso lange machen wollte, aber immer auf die lange Bank schiebe. Kann Zufall sein, kann aber auch schleichende Trendwende sein, dass sich die berauschende Twitter-Extase langsam konsolidiert und Weblogs als Instanz neben twitter neu bewertet werden. Medienhistorisch ja immer das selbe: Das neue Medium ersetzt nicht das alte vollkommen, sondern assimiliert Teile des alten Mediums, womit gleichzeitig die gesellschaftlichen Funktionen beider Medien neu bewertet und aneinander angeglichen werden. Egal, wahrscheinlich subjektive Wahrnehmung, aber auch bei weniger prominenten Bloggern/Twitterern glaube ich einen solchen Wechsel hin zum Reload-Blog zu erkennen. Und wenn ich selber schon tatsächlich ernsthaft darüber nachdenke, … (aber egal, das war gestern und ist heute schon wieder irrelevant)

… ganz ehrlich sein müsste, ich würde euch sagen, ich sei gerade so müde vom Telefonieren im Büro und vom Floskeln sagen und vom Meinung performen und vom Wut unterdrücken. Und ich müsste gestehen, dass ich überhaupt keine Lust mehr habe, heute noch irgendwas zu bloggen, sondern mich lieber mit den beiden aktuellen, letzten Folgen von „30 Rock“ und „Gossip Girl“ auf dem Leih-Handy unter meine Bettdecke verkriechen möchte. Fragt nicht. Sind super TV-Serien, gibt es in Deutschland so eigentlich noch nicht, aber mein amerikanischer Gastbruder nimmt mir die immer auf VHS auf und schickt die mir rüber. Womit ich streng genommen natürlich Teil meines eigenen Problems bin.

… einfach noch mal zurück denke, was am krassesten war heute, dann ist es die Deutsche Sprache und vor allem der Verkehrsunfall zwischen Fahrrad und Auto, der um 20:10 Kreuzbergstraße Ecke Möckernstraße kurz vor meiner Nase passierte.

Amercia! America! —

Zur Amtseinführung des neuen US-Präsidenten ein kurzes Video (eben hier gefunden). Ich find das nicht so richtig super, dass jetzt alle den Obama so super finden. Ich fänd das okay, wenn alle mich jetzt so richtig super finden würden, aber hey, bei mir geht es ja schließlich nicht um Politik, sondern um ganz andere wichtige Dinge. Na, das wird sich alles sicher mit dem jungen Mann an der Spitze zum Guten richten. Ich finde es ja auch nett, wie Obama rumzickt, dass die Staatssicherheit aus Sicherheitsgründen ihm seinen geliebten Blackberry im Amt nicht zu nutzen erlaubt.

Memo an mich: biblische Motive in meine Antrittsrede hinein copy&pasten (wegen der durchschlagenden Emotionalität)

Stil – Körpertypen

A Man’s Style in Relation to His Body Type:
Thin men need to add weight to their bodies, and the fabric they choose is vitally important. Horizontal lines are a thin man’s friend, and textured fabrics such as tweeds and glen check will help add some substance to his frame. A thin man should be mindful of his clothing’s fit – too slim of a cut will only accentuate his narrow frame while too loose of one will exaggerate his lean structure. The thin man should look to overlap fabric in subtle ways such as with a double breasted jacket and double pleated trousers with cuffs. He should pay attention to his shirt’s fit, specifically in the neck (two finger allowed) and wrists (a man should not be able to slip his cuffs off without unbuttoning them). Details such as a pocket square and a medium spread collar will help give him a little more heft. Even his grooming can make a difference – allowing a little more hair to grow on his head can make a dramatic difference.

Wann ist ein Mann ein Mann? The Art of Manliness!

Öffentlich gefördertes Kino Babylon Berlin Mitte auf Konfrontationskurs gegen Betriebsrat

Eben kommt hier eine Pressemitteilung vom im letzten November neu gegründetem Betriebsrates des Kinos rein, in dem ich im Jahr 2007 als Filmvorführer gearbeitet hatte. Die Arbeitsbedingungen im Kino führten letztes Jahr sogar zu einem Rechtsstreit vor dem Berliner Arbeitsgericht (Bericht dazu auf taz.de). Offenbar lernt die Geschäftsleitung nicht dazu. Ich habe keine finanzielle Rechnung mehr mit dem Kinobetreiber offen, aber durchaus immernoch eine emotionale, denn auch ich litt unter den miesen Bedingungen. Daher lasse ich es mir nicht nehmen, die Kollegen zu unterstützen, und die Pressemitteilung hier zu veröffentlichen:

[EDIT, 22.1.2009: Inzwischen gibt es auch ein Weblog über die ganze Sache, das über die aktuellen Vorgänge informiert (ich vermute, es wird von Babylon-Mitarbeitern geführt wird)]


Hinter den Kulissen das Filmtheaters Babylon Berlin Mitte wird um bessere Arbeitsbedingungen gerungen

Guter Hoffnung, voller Optimismus und Tatendrang haben sich vor wenigen Wochen die Beschäftigten des Filmtheaters Babylon Berlin Mitte zusammengefunden, um mit der Wahl eines Betriebsrats einen großen Schritt in Richtung Verständigung mit der Betriebsleitung zu tun. Dies schien allen Beteiligten dringend nötig; auch in der Öffentlichkeit waren im vergangenen Jahr die schlechten Arbeitsbedingungen im beliebten Kino Babylon in Berlin Mitte be­kannt geworden, denn im Arbeitsgerichtsprozess eines ehemals vom Babylon Berlin Mitte Beschäftigten wurde offenbar, wie die Geschäftsleitung nach Gutsherrenart mit den Beschäftigten umspringt:

Miserable Löhne, unbegründete Kündigungen und eine Atmosphäre in der keiner, der seinen Job behalten will, es wagt um Urlaub zu bitten, prägen das Arbeitsklima. Doch auch gerichtliche Rückschläge und kritische Fragen der Kinokundschaft und von Veranstaltern scheinen am Gebaren der Geschäftsleitung bislang nichts ändern zu können.

Nachdem dann die erstmalige Wahl eines Betriebsrates Ende November von der Geschäftsleitung nach außen hin sogar begrüßt wurde, geraten gerade die neu gewählten Betriebsratsmitglieder schnell ins Schussfeld der Geschäftsleitung:

Versetzung in die Kellerräume des Kinos und die Nichtverlängerung eines Arbeitsvertrages kurz nach der Betriebsratswahl treffen direkt die Betriebsräte. An einen Zufall glauben die Betroffenen nicht. Beschäftigte des Kinos sehen hier vielmehr eindeutige Signale, die allen Betriebsangehörigen aufzeigen sollen was ihnen droht, sollten sie versuchen ihre Rechte einzufordern.

Die Kolleginnen und Kollegen reagieren aber anders als von manchen erwartet: sie stärken ihren Vertretern den Rücken und fordern von der Geschäftsleitung zunächst nicht mehr als die Einhaltung rechtlicher und menschlicher Mindeststandards: Urlaub und Lohnfortzahlung bei Krankheit, sowie die Anerkennung der Rechte des Betriebsrates.

Für die Finanzierung dieser Mindeststandards sollte genügend Geld da sein, denn das vielfältige und erstklassige Programm des Filmtheaters lockt steigende Besucherzahlen an den Rosa-Luxemburg-Platz, auch Premiumkundschaft wie die Berlinale lädt sich ins Haus ein; vor allem aber unterstützt der Senat das einzigartige Kino Jahr für Jahr mit mehreren hunderttausend Euro.

Die miserablen Arbeitsbedingungen gehen damit auch die Öffentlichkeit etwas an, die den Betrieb des Kinos zum großen Teil finanziert.

„Unsere Gäste sollen unter den schlechten Bedingungen hier im Babylon nicht leiden, aber ohne den Druck der Öffentlichkeit können wir hier scheinbar nichts ausrichten – die Öfffentlichkeit finanziert uns schliesslich mit!“ So einer der Beschäftigten der ungenannt bleiben will.

Der Betriebsrat des Kino Babylon Berlin Mitte

Berlin Interim

Habe mich mit P. getroffen und dachte, mich mit ihm über seine lang geplante Internetseite zu unterhalten. Stattdessen bin ich irgendwie blöd auf dem Thema „Heimat“ hängen geblieben. Zwangsläufig also auch Berlin. Auch Homepage.

Das hat Gründe:

– Der heutige Chat mit F., in dem das Motiv des Kofferauspackens in Berlin mal wieder aufkam. Und der Wunsch, Berlin mal zu verlassen.

– Die Liebste meint, ihre Koffer endlich auspacken zu können. Wenn ich durch unseren dreckigen Kiez streune, bin ich mir jedoch nicht so sicher, ob ich das ähnlich euphorisch formulieren würde.

– Die langen Spaziergänge mit dem Baby durch Berlin, mit neuen Perspektiven auf die gewohnten Ausblicke. Und ja, immer wieder das äußere Gefühl von dem, was dem Bergriff „Heimat“ am nächsten kommen würde.

– Letztes Weihnachten auch. Der Streit in der familiären Heimat. Das anschließende Wundenlecken in der eigenen, fragilen Heimat.

Berlin sei schon immer offen gewesen für diverse Projektionen, meint P. Und das, was wir Zugezogenen hier suchen oder verwirklichen, sei immer im Verhältnis zur regionalen Herkunft zu sehen. Das ist jetzt Quatsch. Das hat er so nicht gesagt. Aber er war auf eine Kontextualität zwischen Berlin und provinzieller Herkunft aus. Wir sind hier, weil wir da weg wollten. Wir sind in Berlin, weil wir hier so sein können, wie wir dort nicht sein konnten. Problem nur wieder für jeden: wer ist das ich? Und wenn wir zurürck fahren, erkennen uns selbst, dort wo wir herkommen, um dann wieder im Kern vor uns selbst zu flüchten, wenn wir zurück nach Berlin fahren. Dialektik Dort, wo uns keiner fragt, wo wir wirklich her kommen. Damit kann aber Berlin schwerlich Heimat werden. Eher so ein Interim-Ding höchstens. Alleine wegen der Landschaft. Heimat und die herzliche Umarmung von Landschaft.

Wie dem auch sei. Berlin als Flucht vor sich selbst. Durchlauferhitzer. Projektionsfläche. Höhle für Pelztierchen in ihren Erdlöchern.

Als ich vorhin mit F. gechattet hatte, fragte ich mich plötzlich, wie wir alle wohl mit 70 sind. Schaffen wir was Eigenes oder werden wir wie unsere Eltern? Gibt es ein Wir? Und wenn ja, wie soll das denn aussehen?

Während ich dies schreibe bin ich auf dem Heimweg.

Momentan hier:

Mobile Blogging from here.

Teenage Körper

Photographien von Julia Fullerton-Batten. Dort zu sehen: Teenager im freien Fall (In Between) und auch Riesen in Miniaturen. Besonderes Augenmerk bei mir auf die Serie Teenage Stories, aber alles sehr prima zwischen Teenage Körperlichkeit und artifizieller Über-Inszenierung (via riot36’s nagelneuem Blog (womit dann auch hiermit herzlich willkommen in einem sterbenden Medium))