Film: Code 46

:::: gesehen am 21.1.2005 im Filmpalast

GB 2003 – Regie: Michael Winterbottom – mit: Tim Robbins, Samantha Morton, u.a. – Kinostart: 3.3.2005

„9 Songs“ von Winterbottom, der momentan in den Kinos läuft, hab ich noch nicht gesehen. Und mich verwundert der Trailer doch arg, von wegen das sei sexuell der most explicit Film der britischen Filmgeschichte. Da hat sich ja eine PR-Agentur wohl irgendwas aus den Fingern saugen müssen. Der Trailer kommt jedenfalls ziemlich soft rüber, und meines Wissens hat England auch eine Pornoindustrie. Na egal.

Was gibt’s zu „Code 46“ zu sagen? Hat mir gut gefallen. Kurz zum Inahlt:
In nicht allzu ferner Zukunft lebt der privilegierte Teil der Menschheit in speziell abgesicherten Städten; der Rest lebt außerhalb, an unwirtlichen, wüstenähnlichen Orten. Die Reise zwischen den Städten und al fuera, den Randgebieten, ist nur mit einer speziellen Art von Reiseversicherungs-Visa möglich, so genannten Papelles, die als begehrte Objekte das Ziel von Fälschungen geworden sind. Versicherungsagent William Geld (Tim Robbins) reist von Seattle nach Shanghai, um in einem entsprechenden Fälschungsfall zu ermitteln. Dank eines Empathie-Virus, der ihn die Gedanken anderer lesen lässt, identifiziert William schnell Maria Gonzales (Samantha Morton) als Schuldige. Maria übt jedoch eine unerklärliche Anziehung auf ihn aus. Statt sie der Tat zu überführen, verliebt er sich in sie und verbringt eine Nacht mit ihr. Die Affäre hat Folgen, denn als William einige Zeit später nach ihr sucht, ist sie Gegenstand eines so genannten CODE-46-Verstoßes geworden: Der Code sieht vor, dass Menschen mit ähnlichem genetischem Profil keine gemeinsamen Kinder zeugen dürfen. Als William wenig später herausfindet, dass Maria genetisch identisch mit seiner Mutter ist, stecken beide in großen Schwierigkeiten (aus dem Pressematerial)

Gerade diese Lolita-Ödipus-Konstellation in Kombination mit einem Statement über die Gen-Debatte fand ich interessant. Als Sci-Fi im Sinne der Ausstattung nicht so bombastisch, aber das Thema – diese problematische Liebe, die an den Genen scheitert – doch, die hat für mich funktioniert. Auch wenn ich schon emphatischer an Liebespaaren im Kino teilgenommen habe. So richtig konnte ich den beiden ein Verliebtsein nicht glauben. Aber wenn wir beim ödipalen Drama, bei der Klassischen Tragödie sein sollten, haben wir ja alle gelernt, dass damals die Rezeption der Tragödie weniger emotional- als vernuftgeleitet war – und ich glaube so ist das auch bei Winterbottom hier gemeint. Trotz Sentimentalität.

Ja und man kann sich auch daran gestört fühlen, dass es sich nicht wie ein üblicher Sci-Fi-Film anfühlt. Aber es muss ja nicht alles immer nach Hollywood Sci-Fi aussehen. Es sind halt heutige Autos, die durchs heutige Shanghai fahren. Tim Robbins fingert immer mit einem futuristisch dünnen PDA rum, ansonsten ist halt alles so ungefähr wie heute vom Look her. Das ist aber eigentlich kein Problem. Wim Wenders sein „Bis ans Ende der Welt“ (oder wie der hiess) oder Fassbinders „Welt am Draht“ sind ja auch mehr so Autorenfilmer-Sci-Fi’s, die mit weniger Etat auskommen mussten und es trotzdem schaffen, die Fiktion einer Zukunft aufzubauen. Weniger durch Setdesign als durch das eigentliche Thema der Handlung.

Trotzdem wunder ich mich was, denn bisher fand ich Winterbottom eigentlich immer klasse. Genau wie diesen Film auch. Nur so langsam entdecke ich im Bekanntenkreis kritische Stimmen, die da ganz anderer Meinung sind. Bin ich doch zu sentimental und lass mich dann ein auf hübsches Bildwerk und atmosphärische Musik?

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Film: Ghost in the Shell

:::: gesehen am 19.1.05 auf arte

Animation, Japan 1995 Regie: Mamoru Oshii; Buch: Kazunori Itô;

Eigentlich war ich fest überzeugt diesen Klassiker des Genres schon mal gesehen zu haben. An die Altstadt und den Roboter-Panzer konnte ich mich noch erinnern, aber sonst? Muss wohl in einer Berlinale-Spätvorführung gewesen sein und ich hatte die Hälfte drüber geschlafen. Gestern Nacht nicht, fasziniert eingetaucht in diesen Manga-Anime Cyberspace. Technik-Philosophien modern in den 90iger – zwar noch aktuell, aber wirken auch schon irgendwie nicht mehr ganz frisch. Architektonische Momente von Blade Runner. Wär auch gut brauchbar für ein Proseminar Gendertheorie.

In einem vom Internet regierten Japan der nahen Zukunft quält sich Major Motoko Kusunagi, ein ultraperfekter weiblicher Cyborg, mit Fragen nach dem eigenen Sein und Handeln. Sie ist wider Willen Mitglied einer skrupellosen Cyber-Polizei, die mit nahezu unbegrenzten Befugnissen für den Kampf gegen die Computerkriminalität ausgestattet ist. Als ihre Einheit auf die Spur des „Puppet Masters“, eines geheimnisumwobenen, berüchtigten Hackers stößt, dessen Identität bisher nicht aufgedeckt werden konnte, setzt sich die junge Frau in den Kopf, in dessen Körper einzudringen. Sie möchte dessen Ghost (eine Art undefinierbares, seelenähnliches Ich) analysieren und so Antworten auf ihre eigenen existenziellen Fragen finden. (mehr zu diesem und anderen Manga-Animes bei arte-tv)

Film: Egoshooter

:::: gesehen am 18.1.05 im Filmkunst66

Deutschland 2004 – Regie: „Field Recordings“, das sind: Christian Becker und Oliver Schwabe; Darsteller: Tom Schilling, Max Timm, Camilla Renschke (!), Lilia Lehner, Lennie Burmeister, Nomena Struß, Simon Sean Hoffmann, Ben Nijmeijer (Moritz), Sarah und Lena Kremer, Nikki Sudden u.a. // Filmstart: 24.2.05

Der 19-jährige Jakob teilt mit seinem Bruder und dessen schwangeren Freundin Karo eine Wohnung in Köln und lebt in den Tag. Mit seiner Videokamera filmt er obsessiv sein driftendes Leben. Er filmt sich beim Masturbieren, beobachtet heimlich mit der Kamera seinen Bruder und Karo und zeichnet die Konzerte seines Freundes Phillip auf. Er betrinkt sich mit der Mutter von Piet, befriedigt Mani am Flussufer, schnorrt Passanten um Geld an, dringt in ein Haus ein und zertrümmert zusammen mit Phillip das Mobiliar. Fragmentarisch dokumentiert Egoshooter die Lebensrealität von Jakob. Assoziativ fügen sich Szenen zu einem Puzzle zusammen, das Jakob splitterhaft portraitiert. In der experimentellen Mischung aus Videotagebuch und Spielfilmelementen wird zu Gunsten von atmosphärischen Momentaufnahmen auf eine lineare Erzählform verzichtet. (Pressetext von www.egoshooter-der-film.de

Vor einiger Zeit, es muss 1997 oder 98 gewesen sein, gabs auf einem Doku-festival einen österreichischen Film, der zeigte zusammengeschnittetes Videomaterial, was Teenager selber über ihr Leben aufgenommen hatten. Ähnlich ist hier der Ansatz. Die Idee zu diesem Film ist aus einem ähnlichen Projekt entstanden. Halt nur alles nicht echt, sondern schön verdichtet. Es geht um Einsamkeit, um Suche nach einer Mutter, Sehnsucht nach Liebe, nach Sinn und Zukunft vielleicht auch. Sehr schön ,aber nicht viel Neues zum Thema Jugend. Visuell – dies ganze Videokamerazeug – auch nicht mehr wirklich kickass. Der Film ist in keine Richtung radikal, aber insgesamt doch ganz nett und wenig ärgerlich. Ich persönlich fand dies junge Mädchen klasse, in das er sich verliebt. Erinnerte mich an E., so ein verflossener Schwarm von mir. Es muss an den Augenbrauen liegen. Auch eine Jugenderinnerung auslösend: Der Kurzauftritt von Nikki Sudden in einer Unterführung – klasse!

Videotagebuch. Das hätte interessant werden können. Auch durchs Bloggen ist ja beim mir ein gewisses Interesse in letzter Zeit aufgekeimt an der Textform Tagebuch (oder auch Briefe). Das, was mich an dieser Textform interessiert (zwischen den Zeilen ein Bild des Schreibenden ausfindig machen), konnte der Film als fiktionales Videotagebuch nicht simulieren. Da war nicht dieses Magische zwischen Aufgezeichnetem und Aufzeichnendem. Aber egal. War ja trotzdem nett anzusehen…

Was es aber doch gebracht hat: Habe vorhin meine alte Videokamera und mehrere 8MM Bänder vom Dachboden geholt und mir eben die vergangenen Stunden das Zeug angesehen. Schon überhaupt die Kamera anzuschließen an meinen HiTech-Fernseher war eine Zeitreise. Die Kamera war damals schon billige Mittelmässigkeit. Die Videos sind alle so 1992-1995 entstanden. Nicht wirklich Videotagebuch, nur so Zeug – Abizeit und erste Zeit in Berlin, die ersten Wohnungen/Zimmer, die damalige Freundin, der Kiez. Krasses Bildmaterial! Wie man so aussah, was man so gesagt hat, wie man sich verhalten hat. Schlimmschlimm. Aber auch interessante Entdeckungen. Zum Beispiel erkennt mein inzwischen geschultes Auge eine Entwicklung von den anfänglich sehr introvertierten Bildwelten meiner eigenen Videos in LG. Mit dem Umzug nach Berlin öffnet sich doch sehr schnell auch die Perspektive der Kamera. Ruhigere Aufnahmen, ein besserer Blick für Bewegungen. Beobachtungen, die sich thematisch langsam weg bewegen vom Ego. Auch mal ein surrealistisches Musikvideo zu Nirvana. Naja, alles aber kein Grund das jetzt zusammenzuschneiden und auf ein Experimentalfilmfestival zu schicken. Dafür ist es einfach doch nur Scheisse, was sich da so um die 20 in meiner Kamera befand. Ein Video hab ich nicht gefunden – das wo wir ins Industriegebiet fahren und einen Fernseher mit einer Axt kaputt machen, um dann den Apparat ins Hafenbecken plumpsen zu lassen. Ach ja, die Jugend…

Film: Silentium

:::: gesehen am 12.1.2005 im Filmpalast

Österreich 2004 – Regie: Wolfgang Murnberger – mit: Josef Hader, Simon Schwarz, Joachim Król, Maria Köstlinger, Udo Samel, u.a. – Deutscher Filmstart: 3.3.05

Neuer Film von und mit dem österreichischem Kabarettisten Josef Hader, der spätestens mit der Kinokomödie „Indien“ in Deutschland bekannt wurde. Eigentlich recht lustiger Film, aber es zieht sich dann doch ziemlich. Kriminalgeschichte in Salzburg. Schwiegersohn des Festspielpräsidenten ist tot. Selbstmord? Der abgetarkelte Privatdetektiv Brenner (gespielt von Hader) wird von hübscher Widwe engagiert, den Fall zu lösen. Die Ermittlungen decken ein kriminalistisches Netzwerk auf aus Prostitution, Interessen der katholischen Kirche, der Festspiele und achach – regt sich halt ironisierend und ein wenig moralisierend über Salzburger Klüngel auf. Am Anfag hat der Film richtig Zug, aber kann die Spannung nicht halten. Handlung reitet dann einfach zu lange auf den Irrungen und Wirrungen rum, bis es zur inzwischen erwartet unspektakulären Aufklärung kommt. Manchmal wirklich komisch, manchmal auch ein bißchen albern. Eher im Stil eines TV-Films.

|Homepage zum Film

Film: Brothers

:::: gesehen am 11.1.2005 im Filmkunst66

Dänemark 2004 (Originaltitel: Brødre) – Regie: Susanne Bier – mit: Connie Nielsen, Ulrich Thomsen, Nikolaj Lie Kaas, Bent Mejding, Solbjørg Højfeldt, u.a. – Kinostart Deutschland: 10.03.2005

Beeindruckender Film! Hat mich innerhalb einer Szene bitterlich heulen lassen und gleichzeitig lachen. Man glaubt die ganze Zeit zu wissen, wohin die Handlung gehen wird, und es kommt doch anders, als man zu wissen glaubt, mehrmals.

Hab gerd kein Nerv da viel drüber zu schreiben (kommt noch), daher mal erstmal nur ein Clipping aus dem Katalogtext Nordische Filmtage Lübeck:
Nach ihrem bei Publikum und Kritik gleichermaßen beliebten ?Open Hearts“ legt Erfolgsregisseurin Susanne Bier jetzt ihren neuen Film vor, der bereits in San Sebastian und Hamburg ausgezeichnet wurde: ?Brüder“ erzählt vom UN-Offizier Michael und dessen jüngeren Bruder Jannik. Während Michael alles hat, was man zum Leben zu brauchen scheint – Karriere, Frau, Familie, Geld –, ist Jannik ein glückloser Kleinkrimineller, der sein Leben nicht auf die Reihe kriegt. Dann geht Michael auf eine UN-Mission nach Afghanistan und bleibt verschollen, wird später sogar für tot erklärt. Jannik beginnt, sich um die Familie seines Bruders zu kümmern. Er und Sarah entwickeln Gefühle füreinander. Doch unerwartet kommt Michael zurück: Ein grauenhaftes Erlebnis im afghanischen Gefangenenlager hat ihn traumatisiert. Nichts ist mehr wie zuvor. Susanne Bier streicht heraus, wie internationale Konflikte, die wir nur aus der Zeitung kennen, plötzlich auf tragische Weise in unseren Alltag einbrechen können. Die politischen Implikationen stehen dabei weniger im Mittelpunkt als die Zerbrechlichkeit der Liebesgeschichte.

So. Genug beworben für heute. Gute Nacht!

Aber vor allem geht mein nächtlicher Gruß an die Aller an die windbräutige Pixelschubserin, vermiss dich! Und dem Operninstallateur an der Oder rufe ich zu: Bester, es hallt so in der Wohnung ohne dich! Aber Mutti hat ja angerufen…

Verlassen die mich hier einfach in diesen rauen Zeiten und gehen auf Montage in die Provinz. *pffft*, mir doch egal, ess ich die Silvesterreste eben selber.

Bevor ich´s vergesse: heute war meine letzte Zigarette.

blogma – manifest für das gespür

Über einen sehr langen Umweg bin ich heute morgen beim Handysurfen schließlich dann doch auf das Blogma Manifest beim fernsehratgeber gestoßen, das ich tatsächlich noch nicht kannte, aber fast unterschreiben möchte, denn in Zeiten der Ziellosigkeit und damit verbundener Zweifel über Sinn und Zweck nutzt eine gelegentliche Einschränkung und Eingrenzung des Selbst durch selbstauferlegte Disziplin und wohl durchdachte Regeln.