Super-8 Dagie, yeah!

„Milchwolken Liebe“

Eben hab ich mir die DVD angesehen, die mir Dagie Brundert neulich mitgegeben hat, mit ihren Filmen drauf. Sehr schöne Super-8 Kurzfilme – allesamt. Die seien hiermit allen unbedingt ans Herz gelegt, denn da gehören sie hin. Romantisch, witzig, nachdenklich, einfach schön. Bis jetzt hatte ich noch keine Lieblings-DVD. Jetzt habe ich eine. Das Bild hier links mit dem Polizeihubschrauber vom 1. Mai 2002 ist aus ihrem Film „Milchwolken Liebe“, den man sich hier ansehen kann (2002 – 3:40min – 3,8 MB). Und ganz viele von ihren anderen Filmen gibt es ebenfalls als Quicktime Videos auf der Homepage von Dagie Brundert.

unbekannt verzogen

In der aktuellen Zitty in einer Kleinanzeige unter der Rubrik „Gruss & Kuss“ lässt einer mal noch so richtig Dampf ab:

DANKE BERLIN: Dafür, dass ich nach 17 Jahren diese Stadt verlassen darf und mir in Zukunft die gerade zugezogenen Armleuchter erspart bleiben, die in Friedrichshain jetzt allerorten die Luft aufs allerübelste verpesten! (Kein Gruss und kein Kuss gibts ja leider nicht :o“

Gleichschaltung der Information

Wenn ich mir die Meistverlinkten Nachrichten der letzen 7 Tage in deutschen Weblogs ansehe, bekomme ich den Eindruck, alle beziehen ihre Infos nur aus spiegel-online und telepolis/heise (okay, die Ausnahme netzeitung.de mit der Meldung über den Geheimdienst, der mitliest (wen das übrigens erstaunt, weiss ich auch nicht, was mit dem ist…).

Ich wunder mich nur. Nicht das ich hier mißverstanden werde. Ich hab auch den spiegel-newsletter und den von telepolis. Aber sind das wirklich die Top News-Quellen für deutsche Blogger? Ist das alles? Was muss ich sonst noch lesen, um gut informiert zu sein?

Diese Déjà Vus fangen an, Strapazen zu werden

„Eure Zukunft beeinflusst ihr selbst“, sagte der Doc am Ende. „Och nö“, dachte ich, „nicht immer ich.“ Und mit dem Blick auf die Uhr entschied ich mich, die Zukunft auf morgen zu verschieben, nicht mehr zum Telefon zu greifen und stattdessen noch die schlechte Spiegel-TV-Reportage über Stauraumnot zu sehen. Komme was da wolle, morgen. Man darf auch mal gepflegt beleidigt sein. Schlaf trotzdem gut, Liebste.

Kurzfilmklassiker „Short & Shocking“

Gestern auf arte kam ein Special zu den Kurzfilmtagen Oberhausen (was ich leider verpasst habe), aber zum Einschlafen habe ich noch ein paar Kurzfilme gesehen:

CHARLOTTE UND IHR TYP
Kurzfilm, Frankreich 1958 – Regie: Jean-Luc Godard, Drehbuch: Jean-Luc Godard, Kamera: Michel Latouche, mit: Anne Colette, Jean Paul Belmondo

Charlotte kehrt in die Wohnung ihres ehemaligen Liebhabers zurück. Dieser glaubt, dass sie von der Liebe getrieben zurückgekommen sei, und holt zu einer langen Anklagerede aus. Doch Charlotte bleibt cool, denn sie hat ganz anderes im Sinn. „Charlotte und ihr Typ“ ist nach „Alle Jungen heißen Patrick“ der zweite Kurzfilm des französisch-schweizerischen Filmemachers, Produzenten, Kritikers und Theoretikers Jean-Luc Godard (geb. 1930). Schon in diesen ersten Regiearbeiten sind die neuen filmästhetischen Ansätze – Demontage der traditionellen Erzählstruktur und Trennung von Bild und Ton -, wie sie die „Nouvelle Vague“ proklamierte, erkennbar. „Charlotte und ihr Typ“ wurde 1960 uraufgeführt, im selben Jahr, in dem Godard mit „Außer Atem“ seinen ersten Aufsehen erregenden Spielfilm drehte. Ein Jahr später wurde der Kurzfilm auf den Oberhausener Kurzfilmtagen gezeigt. (arte)

Sehr amüsant, der Monolog von Belmondo. Er redet und redet, über die Beziehung, über Frauen an sich, superchauvi, dann wieder verliebt, und sie ist nur gekommen, um ihre Zahnbürste zu holen.

THE BIG SHAVE
Kurzfilm, USA 1967 – Regie: Martin Scorsese, Drehbuch: Martin Scorsese, Kamera: Ares Demertzis, Musik: „I Can’t Get Started“ von Bunny Berigan – mit: Peter Bernuth

Ein Mann steht am Spiegel und rasiert sich. Das Blut fließt von den Wangen, während der Mann kräftig weiterschabt. Waschbecken, Fliesen, Badewanne – bald ist alles von Blut bedeckt. Ein amerikanischer Albtraum. „The Big Shave“ ist der dritte Kurzfilm des renommierten amerikanischen Regisseurs Martin Scorsese, Jahrgang 1942. Der Film wurde 1968 im Wettbewerb der Oberhausener Kurzfilmtage gezeigt. Im selben Jahr feierte Scorsese mit „Who’s That Knocking at My Door?“ sein Debüt als Spielfilmregisseur. (arte)

Ja, dieses Ding mit dem Blut hat schon was. Das geht erst mit ganz kleinen Verletzungen los, kleine Blutspritzer im Waschbecken, und dann trieft es nur so vom Gesicht und von der Kehle.

SAUTE MA VILLE (Explodiere, meine Stadt)
Kurzfilm Beldien 1968 – Regie: Chantal Akerman – Kamera: René Fruchter – mit: Chantal Akerman

Putzen, kochen, essen, Selbstmord – ein Film wie ein Amoklauf. Die belgische Filmemacherin Chantal Akerman hat seit den späten 60er Jahren über 30 Kurz- und Spielfilme gedreht und ist heute eine der bedeutendsten Autorenfilmerinnen Europas. Ihre Passion für den Film entdeckte sie, als sie im Alter von 15 Jahren „Pierrot le Fou“ von Jean-Luc Godard sah. „Saute ma ville“ ist ihr erster Kurzfilm. Sie drehte ihn 1968 im Alter von 18 Jahren ohne Geld und Unterstützung in nur einer Nacht. Weil Chantal Akermann Filme auf ihre eigene Art machen wollte, hat sie die Filmschule nach nur wenigen Monaten verlassen. „Saute ma ville“ lief 1971 im Wettbewerb des Oberhausener Kurzfilmfestivals. (TV Movie)

PORTRÄT EINER BEWÄHRUNG
Deutschland 1964 – Regie: Alexander Kluge
Alexander Kluge hat mit diesem Film das Porträt einer zutiefst autoritätshörigen Persönlichkeit geschaffen, das sich – als fiktiver Lebenslauf erzählt – aus vielen disparaten Einzeldokumenten zusammensetzt. Der Film wurde 1965 mit dem Hauptpreis der Oberhausener Kurzfilmtage ausgezeichnet, drei Jahre nach dem Oberhausener Manifest, zu dessen Unterzeichnern Kluge gehörte. Im Jahr darauf drehte er seinen ersten auch international erfolgreichen und ausgezeichneten Spielfilm „Abschied von gestern“, der der Bewegung des Neuen Deutschen Films ein Motto gab. (TV Movie)

Nach den drei Filmen davor, hier jetzt dieses Neue Deutsche Filmige – Geschichtsaufarbeitung einer Generation anhand eines fiktiven Lebenslauf seit 1900.

Dagegen waren die drei Filme vorher auch typisch, aber anders: der Godard mit diesem ewig streitendem Liebespäärchen, der Scorseese mit Schockbildern, und der Akermans Individualismus. So in dieser Zusammenstellung hintereinander weg spannend. Aber weiter:

DER SCHWARZE FILM
Jugoslawien 1971 (Originaltitel: Crni Film), Regie: Zelimir Zilnik

Eines Nachts liest Zelimir Zilnik zehn Obdachlose von den Straßen Novi Sads auf und bietet ihnen an, bei ihm zu wohnen. Während die Obdachlosen in seiner Wohnung sitzen, befragt Zilnik den Sozialdienst, Leute auf der Straße und die Polizei, was er mit den Obdachlosen tun soll. Er stößt auf allgemeine Rat- und Teilnahmslosigkeit. Die Anprangerung eines sozialen Missstands scheint im besten Sinne gelungen, doch dem Filmemacher kommen Selbstzweifel. Er fühlt sich als Voyeur des Asozialen mitschuldig am Elend der Obdachlosen. In einem kaum geschnittenen Interviewstil und mit Handkamera gedreht, zeigt „Der schwarze Film“ die Armseligkeit eines abstrakten Humanismus. (TV Movie)

Der Film kommt sehr engagiert, spontan und realistisch rüber. Direct Cinema aus Jugoslawien.

THE GIRL´S CHEWING GUM
GB 1976 – Regie: John Smith

In „The Girl’s Chewing Gum“ dirigiert eine Stimme im Befehlston scheinbar das Treiben in einer geschäftigen Londoner Straße. Doch als die Anweisungen nach und nach absurder werden, wird klar, dass der vermeintliche Regisseur und nicht die Einstellung fiktiv ist. (TV Movie)

Superinteressantes Teil: Man denkt zunächst, es wird eine Straßenszene inszeniert – „der weisse Lieferwagen jetzt bitte von rechts nach links, dann bitte die 2 Mädchen ins Gespräch vertieft – drei Tauben fliegen von links nach rechts“. Dabei wird einfach nur eine wirkliche Straßenszene abgefilmt. Die Rolle des Regisseurs wird befragt, er wird fast zu Gott mit seiner Stimme, die das Geschehen im Bildrahmen befiehlt.

DAS ZAUBERGLAS
Deutschland 1991 – Regie: Björn Melhus Darsteller

Björn Melhus, geboren 1966, zählt zur jüngeren Generation von Videokünstlern, die sich spielerisch mit den Verführungsstrategien von Film, Fernsehen und Popmusik beschäftigen und dabei auch die eigene Medienerfahrung einbeziehen. „Das Zauberglas“ erhielt viele internationale Preise und lief 1992 im deutschen Wettbewerb der Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen. (TV Movie)

Zwiegespräch zweier Kunstfiguren, durch eine Fernseher hindurch. Sie sprechen über das Zauberglas zwichen ihnen, durch das man sich selbst sieht, und je öfter man es einschaltet, wie großartig man selber ist.

ALPSEE
Deutschland 1994 – Regie: Mathias Müller – Darsteller: Christina Essenberger, Victor Helpap

Der Filmemacher, Video-Künstler, Fotograf und Kurator Matthias Müller, geboren 1961, hat seit 1980 über 20 Kurzfilme realisiert. Seine Arbeiten, viele davon Found-Footage-Filme, wurden zu Filmfestivals – beispielsweise nach Cannes, Venedig, Berlin und Rotterdam – und auch zu bedeutenden Ausstellungen – unter anderem zur documenta X nach Kassel – eingeladen. Auf den Internationalen Kurzfilmtagen 1995 erhielt „Alpsee“ den Hauptpreis der Stadt Oberhausen. (TV Movie)

Bin ich dann bei eingeschlafen, kann mich nicht mehr an etwas Narratives erinnern; Bilder, die schnell zum eigenen Traum wurden. Danach wurde noch ohne mich „Flowergirl“ (Australien 1999 – Regie: Cate Shortland) gesendet.

Wieder-Gelesen

Heute meine Magisterarbeit gelesen. Zum ersten mal nach der Abgabe vor ca. eineinhalb Jahren. Der von Anderen so oft beschriebene Effekt der Verwunderung darüber, was man da so alles wusste und geschrieben hat, hat sich bei mir heute nicht so eingestellt. Eher die Verwunderung über das, was ich noch im Kopf habe, aber in der Arbeit wohl weggekürzt habe. Der erste Theorieteil zur Diskussion des Begriffs und der Typologie von Remakes ist dicht. Der Analyseteil bleibt an einigen Stellen zu deskriptiv, setzt dort dann aus der formalen Strukturanalyse zu viel an Interpretation vorraus, die stellenweise härter auf den Punkt gebracht werden müsste. An anderen Stellen schaffe ich aus der Analyse die Interpretation auf den Punkt. An wieder anderen Stellen scheinen mir beim schnellen Lesen einige Schlüsse zu wenig am Material belegt. Die Zusammenfassung der Analyse löst sich dann wieder zum Glück vom Zwang der Methode und wird stellenweise lustig feuilletonistisch; und der Ausblick wäre eigentlich schon fast die Einführung zur Dissertation.

Tom Tom the Piper’s Son

1969-71 – von: Ken Jacobs – 110min
:::: gesehen am 26.4.04 auf Video

Der Film funktioniert eigentlich nicht, wenn man ihn auf Video sieht. In dieser klassischen Arbeit des Experimentalfilmers Jacobs wird ein alter Biograph-Stummfilm Objekt einer künstlerischen Bild- und Filmanalyse. Jacobs wiederholt den Stummfilm, verlangsamt ihn, zeigt Standbilder, selektiert Ausschnitte, geht ins Material, rein bis in die Körnung, oder filmt den Filmstreifen so schnell ab, dass nur noch verschwommene Formen bleiben. Eine Transformation der filmischen Struktur.

„Jacobs reveals film as a Frankenstein art. What is a movie but a celluloid corpse brought to life by the electrical spark of the projector? Rephotographing a 1905 Biograph one-reeler, Jacobs penetrates into the image, delving into each shot, zooming in on details, probing deeper and deeper… A journey into the abyss.“ (David Schwartz vom American Museum of the Moving Image)

„Ghosts! Cine-recordings of the vivacious doings of persons long dead… I wanted to ‚bring to the surface‘ that multi-rhythmic collision-contesting of dark and light two-dimensional force areas struggling edge to edge for identity of shape… to get into the amoebic grain pattern itself – a chemical dispersion pattern unique to each frame, each cold still… stirred to life by a successive 16-24 frame-per-second pattering on our retinas, the teeming energies elicited (the grains! the grains!) then collaborating, unknowingly and ironically, to form the always-poignant-because-always-past illusion. A movie about penetration to the sublime, to the infinite…“ (Ken Jacobs)

Noel Harding – Retrospective 1973-1982

:::: gesehen am 26.4.04 auf Video

Sammlung mit älteren Experimentalvideos von Noel Harding. Merkwürdig, wie schnell Videoästhetik antiquiert wirkt.

Noel Harding?s video, film and sculptural installations center around the interaction of props and settings. Through this interaction, he explores very personal notions of illusion and reality, subjective understanding and public perceptions. (Videocover)

Birth’s Child (1973), ein Porträt einer Mutter mit ihrem Kind, das skulpturhafte Qualität annimmt.
Simplified Confusions (1976), eine Konversation zwischen Mann und Frau mit schnellen Schnitten. Der sich immer wiederholende Kurzdialog beschäftigt sich durch die unterschiedliche Betonung mit Kommunikationsstrukturen zwischen Mann und Frau.
A Serene Composition Suggestive of Pastoral Repose (1977), eine Studie aus Kombinationen der Sinne
Yellow (1979), ein Fantasie, die eine innere Landschaft reflektiert.
Out of Control (1981), eher schon narrativ – Krimi, Sex, Macht und Intrige
Houses Belong to Those Who Live in Them(1982), eine Untersuchung der Komplexität modenren Lebens
Elephants(1983), Ein Mann mit grauem Gesicht, ein Jumbojet, ein Elefant.

http://www.noelharding.ca