Communitycamp Berlin 2011 – Teil 2
Ich bin auf dem Communitycamp Berlin. Dies ist, was am Nachmittag passierte (zum Vormittag bitte hier lang).
Dritte Session: Facebook Fanpages für Unternehmen
Yasmin Mansukhani von der Telekom berichtet ein wenig aus dem Nähkästchen und regt zum Erfahrungsaustausch im Bereich Communitymanagement auf Facebook an. Gilly nimmt den Ball auf und erzählt von LG: Problem ist z.B. Fanpages für Produkte, die schnell veralten (also z.B. Handys, die 1 Jahr aktuell sind, danach liegt da eine tote Community). Gilly sieht da eher Potential, Produktkampagnen auch auf der Unternehmenspage zu machen, um so die Community immer mehr an das Unternehmen zu binden und nicht immer wieder neu eine Produktcommunity aufzubauen. Spannende Frage: Spezielle Produktseiten versus allgemeine Unternehmensseite und wo bietet ein Unternhemen den Customersupport an. Schwierigkeit der Verteilung von Zuständigkeiten im Unternehmen und natürlich auch, was man konzeptionell mit einer Facebookpage will – Marketing oder Support? Viele Argumente pro und contra. Ich finde ganz interessant, dass sich in der Runde das Thema Communitymanagement auf Facebook so vehement auf den Bereich Kundensupport kapriziert. Aber ist ja verständlich: Support ist das Hauptinteresse von Usern und der Kunde will, dass die Supportantwort schnell erfolgt. Das kann einem Communitymanager natürlich Kopfschmerzen machen. Da sind andere, eher marketinggesteuerten Communityaktivitäten (wie lustige Umfragen oder Erzählt-Eure-Story, Lade-dein-Fotohoch-Gedöns) eher zweitrangig.
Die Diskussion schwenkt in dem Moment, wo ich das schreibe, hin zur Frage, „was macht ihr sonst auf den Fanpages? Kommuniziert ihr, entwickelt ihr neue Produkte, was für Ideen gibt es über den Kundensupport hinaus?“.
Spoiler: eine Antwort auf diese Frage wird es nicht geben. Aber ein Beispiel: Fanpage einer Krankenkasse. Eine Kommunikationsagentur hat einer Krankenkasse eine Facebookpage verkauft und nun ist die Frage, was machen wir eigentlich mit den Fans? Ursprünglich sollte mit der Page wohl der Vertrieb angekurbelt werden. Das klappt aber nicht. Natürlich nicht, sagt, @peate, Facebook Pages für Vertrieb seien Quatsch. Der Vertrieb fände woanders statt. Eine Krankenkasse müsse Mehrwerte für User geben, die bereits Kunde sind. Und zwar, das, was Kunden interessiert und nicht irgendwelche Unternehmensmeldungen. Allgemeines Kopfnicken.
Es kommt also drauf an, was man auf Facebookpages für Unternehmen so macht. Und natürlich geht es um die KPIs des Unternehmens. Die Frage nach dem „was bringt’s?“ muss spätestens beantwortet werden können, wenn die Chefs die Frage stellen. Doch wie soll man harte Kennzahlen anwenden auf inhaltliche Auseinandersetzen. Und schon entfaltet sich der alte Reflex des Social Media Menschen: Nein, nein, nein, dass kann man doch alles gar nicht messen. Leider ist die Session zu Ende, wo es gerade spannend wird…
Grundsätzlich gilt aber: Alles was cute ist, funktioniert immer. Auch auf Facebook.
Vierte Session: The big radioeins community fail
Es geht um einen kommunikativen Fail einer Neuerung bei Radio Eins. Sessionleiter Marcus Bartelt hat die Session folgendermaßen angekündigt:
Eines Morgen wachte ich auf – und mein Lieblingssender klang nicht mehr wie früher. Das war nicht schön, aber man gewöhnt sich ja an alles… aber was in den folgenden Tagen im Netz – und insbesondere in der großen Facebook-Community – geschah, war zwar noch kein shitstorm, aber doch schon eine heftige Reaktion auf die Neuerungen. Eine Reaktion, die (zu?) lange ohne Reaktion vonseiten des Senders blieb.
Was ist da eigentlich genau passiert? Welche kleinen Fehler in der Kommunikation haben zu der großen Unzufriedenheit beigetragen? Können 20 Unzufriedene eine ganze Community infizieren? Und wie kann ein Medium wie ein Radiosender diese Kraft der leidenschaftlichen Hörer für die Entwicklung neuer Formate nutzen?
Ich freue mich wirklich sehr, dass Volker Düspohl, radioeins Prozessmanager online, mit mir zusammen und aus der Sicht von radioeins die Ereignisse aufarbeiten wird und wir uns gemeinsam mit euch fragen werden, was daraus zu lernen ist – und wie man es zukünftig besser machen kann.
Um es zusammenzufassen: Die Situation wurde unterschätzt (die Radio Eins Community ist ansonsten recht pflegeleicht). Man hatte nicht geplant, die Änderungen zu kommunizieren und auch hier die Situation unterschätzt: man hatte vorher noch nie derart viel am Programm und Sendedesign geändert. Aus Versehen war irgendwo eine Prüfliste von Radio Eins online, die von Höhrern als Streichliste interpretiert wurde. Aufgrund personellem Engpass wurde nicht schnell und flexibel genug geantwortet. Und worauf sonst auch gern gesetzt wird – Selbstreinigungsprozesse der Community – haben nicht gegriffen.
Frage aus der Runde: Was konkret würde man zukünftig beim Sender anders machen? Antwort: Schneller und flexibler reagieren, immer wieder Wasserstandmeldungen geben und darauf verzichten, die Standardupdates zu posten. Nachfrage: Die Facebookseite bleibt also prinzipiell Top-Down? Antwort: Man überlegt weiterhin und legt wert darauf, Hörer-Feedback einzubinden, aber nicht nur über Facebook, sondern über unterschiedliche Möglichkeiten.
Insgesamt eine irgendwie ausweichende Session mit verschränkten Armen, fand ich.
Fünfte Session: Schmutzige Tricks des Community Managements auf Facebook Seiten (von @snoopsmaus
Romy startet gleich mit dem größten Trick: Man kann Userpostings verbergen, jedoch kann der User (und evtl. Freunde) das Posting trotzdem noch sehen. Weiterhin kann man als Admin auf dem verborgenen Posting weiterhin kommentieren und z.B. deeskalieren. Wichtig bei dem Verbergen ist, dass noch kein anderer User das Posting gesehen hat. Dann berichtet Romy von einem kleinen Selbstversuch auf einer Facebookseite eines Magazins, der hier verbloggt wurde. Romys Fazit: Verbergen von Postings und Blocken von Usern sollte man immer moderieren.
Trick 2: Netiquette auf der Facebookseite einrichten (was übrigens gern in Deutschand gemacht wird aber z.B. in USA gar nicht üblich sei). Man kann dann Störer freundlich auf die Netiquette verweisen, um den Troll dann ggf. im nächsten Schritt zu verbergen oder gar zu verbannen. Man erkennt als User, dass man von einer Facebookseite geflogen ist, wenn man die Seite zwar noch liken kann, aber nicht mehr kommentieren.
Trick 3: Man bekommt aus der neuen Facebook Statistik ein paar ganz interessante Insights über User, Reichweite und den Erfolg der eigenen Postings, die nicht unbedingt konform sind mit dem deutschen Datenschutzrecht (ach!). Entsprechend kann man Themenplanung auf der Facebookseite entsprechend anpassen, um seine Community zu „manipulieren“.
Trick 4: Niemals Third-Party-App (z.B. Tweetdeck) verwenden, um Kundenseiten zu pflegen. Man läuft Gefahr, dass man sonst nicht gesehen wird, weil diese Third-Party-Apps ausfilterbar sind. Also: immer direkt auf Facebook posten. Ansonsten auch gern mal mehr Fotos – die werden nämlich eher angesehen und geliked.
Frage nach SEO auf Facebook. Antwort, Facebookseiten werden von Google nicht erfasst. Aber mehr Postings, die mehr diskutiert werden sind sichtbarer in den Timelines der Facebooknutzer. Zu dem Thema hab ich mal schnell hier ein paar Tipps ergoogelt.
Sechste Session: Open Innovation bei Stayscout (von Tobias Jordans)
stayscout.de ist eine Alumni-Plattform für Pfadfinder, die auf der Plattform integriert einen zentralen Ort für Open Innovation aus der Community bereit stellt (umgesetzt mit Uservoice), also für Verbesserungsvorschläge und so. Tobias stellt zunächst die Plattform vor, die an sich wie ein Forum funktioniert. Zum Teil sind da Supportanfragen zum anderen Teil eben auch konkrete Featureanfragen oder Beschreibungen von Wünschen und vagen Bedürfnissen. Spannend an Open Innovation sei, wenn man neue Ideen und Features mit den Usern bespricht und sie auf die Reise der Verbesserung mitnimmt und einbezieht. Tolle Sache, ich bin jedoch schon etwas zu müde, um der Sache im Detail zu folgen.
Vielen Dank den Organisatoren für den gelungen Barcamp-Tag. Internet ging und Essen war lecker.
Communitycamp Berlin 2011 – Teil 1
Ich bin auf dem Communitycamp Berlin. Dies ist, was am Vormittag passierte. (Teil 2 zum Nachmittag hier lang.)
Erste Session: Gesundheit von Communities (von: @BertSchulzki)
Motor Talk hat zusammen mit einem Studenten ihre Auto-Communities untersucht nach Indikatoren für die „Gesundheit“ ihrer Micro-Communities. Dabei haben sich einige Kriterien herauskristallisiert:
– Anzahl der abonnierten vs. der aktiven Themen
– Anteil der neuen Themen ohne Antwort
– Anzahl der Dankeschöns pro Beitrag
– Anteil neuer Themen an den Beiträgen
These: Überalterung der Community-Mitgleider ist ein Kernmerkmal für ungesunde Communities. Communities haben nur einen bestimmten Lebenszylus. Kein Nutzer ist für immer aktiv in einer Community, das sich Lebensumstände und Interessen ändern. Das leuchtet ein.
Interessant aber auch die Frage, wie sich stark vernetzte Stammuser mit hohem Deutungsanspruch negativ auf die Gesundheit von Communities auswirken können. Daher die Überlegung bei Community-Betreiben, wie man mit Community-Veteranen umgehen kann (oder gar bannen).
Bert wird am Montag alles aus der Session auf seinem Blog veröffentlichen.
Zweite Session: Social Media und Nachhaltigkeit
Spontane Session zum Thema, die erstmal mit einer netten Vorstellungsrunde begann. Es stellen sich zu den recht großen Begriffen „Social Media“ und „Nachhaltigkeit“ zwei Interessenbereiche in der Runde heraus:
Erster Themenbereich: Nachhaltigkeit bei Communities – wie kann man eine Community halten, wie kommen neue Leute dazu, wie kann man Interesse aktivieren. Etwa in einer Community, die 3-5 Jahre alt ist. Da gibt es verschiedene Erfahrungen. Ein Kernbereich: Man trifft sich. Face to Face Austausch. Onlinebekanntschaft in den Meatspace holen. An sich aber scheint mir Nachhaltigkeit in Communities ein weites Feld mit vielen Variablen.
Zweiter Themenbereich: Produkte und Nachhaltigkeit. Wen interessiert’s? Eher pessimistische Hauptthese der anwesenden Nachhaltigkeitsanbietern: Wenn das Produkt nichts taugt, dann interessiert die Kunden Nachhaltigkeit und Ökologie des Produktes nicht. Es gibt eine gewisse Einigkeit von anwesenden Online-Anbietern von nachhaltigen Produkten (Wein, Reisen, etc.): Auf Twitter erreicht man keine Kunden zu dem Thema Nachhaltigkeit. Auf Facebook schon eher. Nachhaltigkeit ist z.B. bei Reisen ein nettes Goodie, was aber am Ende zählt ist Preis-Leistungsverhältnis. Unter Umständen ist der Kunde bereit, einen gewissen Mehrpreis zu zahlen. Meine Frage dazu in die Runde: was bieten Nachhaltigkeits-Anbieter ihren Kunden über das gute Gewissen hinaus? Also, wie kann ich unter meinen Freunden – offline und online – damit angeben, dass ich mich für ein nachhaltiges Produkt entschieden habe. Was bieten Nachhaltigkeits-Anbieter, damit Kunden – über ihr gutes Gewissen hinaus – das Produkt weiterzuempfehlen oder indirekt sich damit zu präsentieren (Stichwort: Statussymbol, Markenausstrahlung und Repräsenation von Nachhaltigkeit). Antworten sind unterschiedlich: Man erzählt Stories zu den Produkten, oder man bietet Patenschaften für ökologische Nischen in Weinbergen. Auch ein vielfältiges Feld, die Repräsentation von NachhaltigkeitÖkologie.
Viele offene Fragen. Jetzt gibt es Mittagessen.
Telefonisch erreichbar gewesen. Wie immer.
Tage, wie dieser, die man sich vorgestellt hat, wenn man vormals Gleichaltrige mit grauen Haaren gesehen hatte, und sich dachte, das käme sicher vom Stress in der Agentur.
Die Erkenntnis, dass der Durchbruch mit dem mobilen Internet und den Touchpads und iPhones und all dem Zeug gerade erst anfängt. Nämlich jetzt gerade an dem Punkt, an dem sich unsere Elterngeneration langsam einredet, dass sie diese schicken Geräte auch brauchen und nach wenigen Tagen Nutzung schon Thesen zu psychologischen Wahrnehmungsverschiebungen und sich verändernden Gesellschaftsdiskursen formulieren.
„I love it – it is very exciting. It’s a wonderful way of finding out about things. But I must say it’s a dreadful waste of time. I’m sure there are lots of other things I should be doing rather than playing on a computer.“ (Meet the iGran: 103-year-old Lillian becomes world’s oldest Facebooker (and updates from her iPad))
„Familie.“ (Von links nach rechts: kleiner Bruder, Vater, große Schwester, Mutter, Katze)
Qualität und Leid des Bloggens
Qualität und Leid des Bloggens ist, dass es im Gegensatz zu Social Networks und Twitter ein sehr viel langsamer drehendes Medium ist. Das heisst für mich: mehr Erinnerungswert durch mehr Erinnerungsarbeit. Es braucht einfach mehr Zeit, zu bloggen, als hier und da mal eine paar Zeichen zu verlieren (siehe auch Loser networken, Winner bloggen). Das gilt für persönliche Blogs und noch viel mehr für Blogs, die sich mit bestimmten Themen auseinander setzen.
In den letzten Tagen habe ich mehrfach nach im Blog festgehaltenen Eckpunkten gesucht. Nachschlagen von Filmen in einer bestimmten Zeit etwa, oder was ich vor fünf Jahren eigentlich rund um meinen Geburtstag gemacht habe. Neulich war 10 Jähriges. Mithilfe des Weblogs – auch wenn es nicht konsequent täglich oder wöchentlich gepflegt ist – konnte wir zumindest einiges aus den 10 vergangenen Jahren rekonstruieren. Jobwechsel, Urlaube, Frust und Freude. Hätten wir vermutlich auch ohne Weblog hinbekommen.
Das erste, was man in der neuen Timeline von Facebook ausprobiert, ist Erinnerungsarbeit. Das neue Layout des eigenen Profils ermöglicht es, durch einen Zeitstrahl zurück in eigenen Statusupdates und protokollierte Microhandlungen zu blättern, die man sonst schon längst vergessen hätte. Nicht jeder Like oder Check-In ist erinnerungsträchtig. Oder gerade dadurch eben doch? Es kommt drauf an. Meine Memolane ist vermutlich nur für ich interessant. An unterschiedliche grafische Aufbereitungen unseres digitalen Handelns werden wir uns mehr und mehr gewöhnen. Das wird alles noch viel schlimmer. Ein Grund, das eigene Erinnern nicht alleine den Automaten und Feeds zu überlassen, sondern doch auch wieder öfter die Sache selber in die Hand zu nehmen und ein paar Zeilen zu schreiben.
Derart selbstreferenzielles Bloggedöns klingt inzwischen beinahe wie ein offline Tagebuchschreiber, der sich wehrt, ins Internet zu schreiben… Aber ach, wem erzähl ich das.
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Kurzfilm mit Deinen Facbeookdaten in der Supporting Role: Take This Lollipop. Mehr zu diesem Viralvideo auf t3n.
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