Mind the gap

Die Liebste hat mal wieder im Blog gelesen und war davon nicht angetan. Und dass, obwohl ich mir so viel Mühe gebe, hier so gut wie nichts mehr zu thematisieren, was ich als „zu privat“ einstufen würde. Das war schon mal anders. Merkwürdiges Gefühl von Verletzung und gegenseitiges Sich-Nicht-Verstanden fühlen. Immer noch zu privat? Immer noch zu wenig abstrahiert? Wohl doch. Ich mag diese Auseinandersetzung nicht. Andere Vorstellungen von mir, als was hier zu lesen ist. Stimmungsabhängige Posts, die sich eigentlich in der Zeit versenden, bekommen Allgemeingültigkeit für die Ewigkeit, nur weil es im Internet steht. Das Argument, hier eine weitere Facette von mir zu entdecken, gilt nicht. Warum das nicht in Echt da ist, will sie wissen… Vielleicht, weil ich beim Schreiben anders denke, mich anders ausdrücke, als beim Rotweingespräch. Ich will mir eigentlich nicht verbieten lassen, was ich wie zu schreiben habe, aber wenn die Liebste sich da nicht wohl fühlt mit, muss ich wohl weiter an der Selbstzensur arbeiten. Oder mehr schreiben: Sie meinte neulich mal, in Realität würde ich auch gern viel weglassen, was einen Ausspruch eigentlich besser erklären würde. Ich würde dann immer den Gedankengang zur Erkenntnis weglassen, oder zu sehr Dinge beim Gegenüber vorraussetzten, auf die ich ruhig auch eingehen könnte.

Ich sitz gerade wieder hier bei ihr, um die Handwerker rein und raus zu lassen, wie vor einer Woche. Nur heute ist der Maler schneller und mir ist das heute alles so ziemlich egal.

Am Freitag war Eröffnung der transmediale 04. Gab Freigetränke. C. hat schlaue Sachen gesagt, darüber die Dinge, die man sieht und erlebt aufzuschreiben. Hat er auch ein Weblog? Danach noch mit in der Maria gewesen. War okay, hätte besser am Samstag gehen sollen, denke ich im Nachhinein. Heute Nachmittag will ich mir endlich ein paar Sachen ansehen, nachdem ich jetzt schon das ganze Wochenende nicht da war.

Die Plakate an den Bushaltestellen zur aktuellen BILD-Aktion „Ist es meine Schuld, dass ich alleine bin?“ sind nach Regen bei Nacht besonders hübsch. Tränen auf den verletzlichen Gesichtern, die am nackten Körper runterlaufen. Daneben dann eingemummelte Realitäten, die auf den Bus warten.

Doku Sichtung V

:::: Dokumentarfilm-Auswahlsichtung für die GFT am 31.1.04 bei I.

FRISCHES BLUT
Russland 2003 – Regie: Ponomarev-Mandel – 10min.
Kurzpoträt eines jungen Mannes (Leher, Musiker und Blutspender). Nach dem Motto „schaut her, es gibt auch gute junge Menschen, die sich zwar die Haare färben und HipHop machen, aber trotzdem keine Drogen nehmen“.

ZONE DER ENTFREMDUNG
Russland 2003 – Regie: Svetlana Mozychenko
Eine Fahrt mit der Transsibierischen Eisenbahn. Beobachtungen von Fahrgästen, der Landschaft und Interviews mit den Bahnangestellten im Zug, die wie eine kleine Familie.

Dann so ein Tape mit Filmen von Studierenden der VSMU:

CZEK ONKO (DURCH DAS FENSTER)
Slovakai 2003 – Regie: Peter Filo
Kurze Beobachtung von zwei Eisenbahnschrankenwärtern. Ein Mann mit seiner Frau und eine alleinsstehende Frau, deren Mann auf der anderen Seite des Bahndamms beerdigt ist.

STRANGER
Slovakai 2001 – Regie: Milan Balog
Tagebucheinträge eines alten Kieswerkarbeiters werden überlagert mit Beobachtungen eines aktuellen Kieswerkarbeiters in seiner Hütte. Melancholisch-düstere Stimmung, märchenhafte Vermischung von heute und gestern.

KULTURFABRIK – 9 RULES HOW TO PREPARE PROPER MEAT
Slovakai 2003 – Regie: Milan Balog
Ein Gastspiel eines Off-Opernensambles aus Bratislawa in der luxemburgischen „Kulturfabrik“ (ein umfunktioniertes Schlachthaus). Der Film dokumentiert die Proben zur Oper und ordnet die Inszenierung nach „Regeln“ wie Fleisch hergestellt wird. Der Zusammenhang wirkt konstruiert, auch die Probenarbeiten kommen ziemlich maniriert rüber.

SO FAR, SO GOOD
Slovakai 2003 – Regie: Viera Baciková / Iveta Grófová
Beobachtungen an einem kleinen Fußballplatz. Der Platzwart, das Training, die Spieler, die Zuschauer…

WIPE-OUT
Slovakai 2003 – Regie: Zusa Piussi
Die Kamera folgt den Operationen eines Polizei-Sonderkommandos in Bratislava. Zwischen den Einsätzen Interviews mit einigen der Polizisten. Konzentriert sich nicht auf eine Person, und der Grundtenor ist etwas verschwommen zwischen „einsame Helden“ „ja, schlimm die Kriminalität“. Die Polizei-Dokutainments auf RTL2 sind spannender.

25 MARRIED COUPLES AND ONE THREESOME
Polen 2002 – Regie: Malgorzata Kozera – 9min
Eine alte Frau, die in ihrem Haus über die Zeit mehrere Menschen umsonst hat wohnen lassen erzählt mit Humor und Sentimentalität über ihr Leben.

Doku-Sichtung IV

:::: Dokumentarfilm-Auswahlsichtung für die GFT am 29.1.04 bei N.

JESUS, DU WEISST
Österreich 2003 – Regie: Ulrich Seidl – Buch: Ulrich Seidl, Veronika Franz – Kamera: Wolfgang Thaler, Jerzy Palacz – Produzent: Martin Kraml – 87 Min.

Der Filmemacher Ulrich Seidl („Hundstage“) hat sechs streng gläubige Menschen in außergewöhnlichen Lebenssituationen zu ihrem Gottesbild befragt. Beim Filmfestival in Karlovy Vady (Karlsbad) machte dieser Film den ersten Preis. Dem Film fehlt ein bißchen der seidl’sche Biss und lässt viel Raum für die Entwicklung der beobachteten Menschen im Gebet. Zwar für Seidl typische Bildinzenierung, aber der Blick des Filmemachers hier sehr zurück genommen (im Vergleich zu seinen anderen Filmen).

|Kritik von Sandra Vogell |Viennale Katalog zum Film

DER PREIS DES ÜBERLEBENS
Niederlande 2003 – Regie: Louis van Gastern – 56min.

Doku über die Familie eines KZ-Überlebenden. Nach dem Tod des Vaters schildert der eine der Söhne, wie die erlebten Grausamkeiten des KZ alle Lebenslagen der Familie bestimmt haben. Die ältere Tochter und der ältere Sohn melden sich lediglich in Textpassagen zu Wort, die aber ebenfalls sehr klar die geschädigte Kindheit vermitteln. Die Mutter hat ihr Leben vollkommen auf ihren Mann abgestimmt, lebt die Leiden des KZ, in dem sie nicht war. Ein sehr aufwühlender Film mit einer neuen Sichtweise auf das Thema: Das Leid eines Überlebenden übertragen in die Kindergeneration. Der Film ist die Fortsetzung von der Dokumentation „Verstehst Du jetzt, warum ich weine?“ (1969/71) des selben Regisseurs. Wird im diesjährigen Forum der Berlinale zu sehen sein.

THE CLOWN FAMILY
Russland 2003 – Regie: Natalia Gugueva – 28min.

Charmante Doku über eine Clown-Ehe. Das Künstlerpaar zwischen Liebe, Streit, Zirkusauftritten und Privatheit. Eine merkwürdige Vermischung von Berufung und der privaten Beziehung.

PULS
Polen 2003 – Regie: Anna Kazejak – 9min

Die Geburt eines Babys in eine nicht alltägliche Famile: Die junge Mutter verlassen vom Vater des Kindes. Der Großvater, der selber an Krebs erkrankt ist, tritt an die Stelle des Vaters.

Schifffahrt

Es ist eine skurrile Kulisse. Dort hinten, am Horizont, weites Land, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Davor schiebt sich knarzend die Elbe entlang und schleppt müde ein paar Eisschollen mit. Zwei, drei Meter neben dem Ufer liegt das Motorschiff von Kapitän Rosik, aufgebockt auf Holzstapeln. Ein Schiff auf dem Trockenen, so nah bei seinem Element und doch so weit weg, ist ein trauriger Anblick. Unter dem Kiel wächst Gras, sogar ein kleiner Baum wiegt sich im kalten Wind. Im Sommer grasten Kühe unter der Reling. Drei Meter Wasser fehlen der Elbe, damit BM 5247 von selbst wieder schwimmen könnte. Manchmal lässt Herr Rosik seine Holzleiter herunter, 13 morsche Sprossen, um Gäste zu empfangen. Er mag Besuch, dann kocht er Kaffee. (aus: SZ vom 28.1.04)

Von diesem Artikel über „Die längste Fahrt des Käptn Rosik“ berichtete mir gestern Nacht mein Mitbewohner, der seit längerer Zeit für ein paar Tage wieder da ist, als wir uns aus der Cocktailbar auf dem Weg zu unserem Schiff machten. Ganz begeistert erzählte er vom alten Kapitän Rosik, der beim Hochwasser die Hafeneinfahrt verfehlt hat und auf Grund gelaufen ist. Wie er sich im Ort Freunde gemacht hat und wie der Fährmann ihn hin und wieder auf der Elbe hin und her fährt, damit Käptn Rosik das Gefühl fürs Wasser nicht verliehrt. Der alte Mann und das Land. Der Käptn darf sein Schiff nicht verlassen, eine Dorfgemeinschaft kümmert sich um die Rettungsaktion, damit Käptn Rosik wieder in seine Heimat schippern kann. Eine schöne Geschichte für ein Drehbuch. Am Ende einigten wir uns darauf, dass man viel zu wenig über die Binnenschifffahrt weiss, die Rituale, die Hirarchien, die Beziehungen…

Die Kinder sind tot

:::: gesehen am 27.1.04 / Pressevorführung im Filmkunst66

Ein Polizist an einer Tür, Fotografen, Kameras, eine drückende Anspannung, die Ruhe vor dem Sturm. Die Tür öffnet sich, auf der Tonebene bricht ein Donnern der Fotoapparate auf, Blitzlicht, eine Person, den Kopf in einem schwarzes Tuch versteckt, wird von Polizisten durch die Masse geschleust. Schnitt auf die Person in einem Gerichtssaal sitzend, langes Standbild, Schrift: „Im Sommer 1999 verdursten in Frankfurt/Oder zwei kleine Kinder. Ihre Mutter, Daniela J., damals 23 Jahre alt, hatte sie 14 Tage in ihrer Neubauwohnung allein zurückgelassen.“
Zwei Jahre später sucht Aelrun Goette nach den Hintergründen dieses Verbrechens.

„Die Kinder sind tot“ versucht in den Mikrokosmos der Plattenbausiedlung Neuberesinchen bei Franfurt/Oder vorzudringen. Bewohner werden beobachtet, befragt und langsam kommen Hintergründe ans Licht. Die arbeitslose Daniela, die selbst aus desolaten Familienverhältnissen stammt, bringt in sechs Jahren vier Kinder von vier verschiedenen Vätern zur Welt, das erste mit 17 Jahren. Zwei Jungen bleiben bei ihr, die anderen werden zur Adoption freigegeben oder in der Familie untergebracht. Sie lernt einen neuen Mann kennen, die große Liebe, glaubt sie. Sie geht zu ihm und läßt die Kinder allein. Die beiden Jungen sterben einen qualvollen Tod. Der Prozeß gegen Daniela J. wird von Tumulten begleitet. Medien und Neugierige drängen sich vor Gericht. Erregte Nachbarn brüllen in die Kameras: „die Todesstrafe ist noch zu gut für die“. Die Mutter der Angeklagten läßt kein gutes Haar an ihrer Tochter und belastet sie, wo sie kann. Freunde erklären, Daniela J. habe ihre Kinder verwahrlosen lassen. Das Jugendamt will nichts bemerkt haben. Daniela J. wird wegen zweifachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Ein harter Film, der unter dei Haut geht. Mit chirugischer Präzesion werden die Hintergründe der Tat beschrieben, der Film gibt keine klaren Antworten, sondern wirft Fragen auf nach Verantwortung und Schuld, nicht nur bei der Täterin. Ist Daniela alleine Schuld? Hat sie die Kinder bewußt sterben lassen? Oder ist es eine unglückliche Verkettung der Umstände? Zunächst möchte man den Umständen die Schuld geben. Man möchte den Nachbarn die Schuld geben, weil sie wegschauten, dem Jugendamt, den Männern, die ihre Kinder im Stich liessen. Gegen Ende des Films verdichten sich die Interviews zu einer Zwiesprache zwischen Mutter und Tochter. Daniela scheint offen, erzählt glaubwürdig, aber trotzdem bleibt ein Rest an Mißtrauen an dem, was wirklich vorgefallen ist. Wirklich erklären kann der Film nicht, man ist als Zuschauer mit dem Unfassbaren fast genau so alleine gelassen, wie die Beteiligten.

DIE KINDER SIND TOT, Deutschland 2003
Buch/Regie: Aelrun Goette
Montage: Andreas Zitzmann
Kamera: Bernd Meiners
Verleih: Ventura Film, Starttermin: 11.3. 2004

|Kritik von Sandra Vogell | Kritik von zdf.de

Datenbank für virtuelle Kunst

Einen komplementär angelegten Überblick über virtuelle Kunst bietet die Datenbank unter http://virtualart.hu-berlin.de Suche nach Werken, Künstlern, Ausstellungen und Publikationen zu Medienkunst.
Erstmals dokumentiert die Datenbank für Virtuelle Kunst die digitale Installationskunst, wie sie sich in den letzten Jahrzehnten sprunghaft entwickelte und zur Kunst unserer Gegenwart wurde. In Zusammenarbeit mit namhaften Medienkünstlern und ihren Forschungsinstitutionen entsteht an der Humboldt-Universität ein umfassender Überblick der immersiven, interaktiven, telematischen und genetischen Kunst. So ist die Datenbank für Virtuelle Kunst Forschungsinstrument und work in progress zugleich und kann Entwicklungen der Kunst flexibel aufnehmen.

Dann noch: bildwissenschaft.org:
Das Virtuelle Institut für Bildwissenschaft (VIB) ist eine elektronische Plattform, auf der sich Bildforscher verschiedener Disziplinen zusammengeschlossen haben, um ihre interdisziplinären bildwissenschaftlichen Projekte miteinander abzustimmen.

Was ist Bildwissenschaft? Hier zwei Artikel, die mir J. heute zugemailt hat:
MedienKunstGeschichte. Für eine transdisziplinäre Bildwissenschaft (vom 16.1.2004)
Bildwissenschaft als interdisziplinäres Unternehmen (vom 12.11.2003)

meinen Computer lieb ich nicht mehr

Pentium I mit 250 irgendwas Mhz, Windows95, und meine Modemverbindung liegt immer zwischen 40 und 44 Kb. Und der Monitor. Ha! Benutz jetzt schon die dritte Dauerleihgabe irgendwelcher abgelegter Funzeln: „Bevor der bei mir im Keller verstaubt, kannst du den auch zu dir nehmen“…

Oh Lord, won´t you buy me an Apple ibook?

Oder hat vielleicht einer noch günstig was im Keller stehen?

Handwerker – die Dritte

Es ist leider nicht leicht mit diesem Maler. Neulich war ja auch mal einer in meiner Küche. Der war nett und fix. Aber der jetz hier, ich weis nicht. Jetzt habe ich schon die noch hässlichen Ecken grundiert (da wo die Elektro gelegt ist, die nicht amtlich geschaltet ist), damit die Liebste heute abend da streichen kann, und er wird und wird nicht fertig mit den Türen. Der Tischler ist fertig mit den Scheuerleisten, hat aber die Küchenplatte noch nicht wieder befestigt, weil er „die passenden Winkel“ nicht dabei hat. Hab ich wohl mich nicht durchsetzten können. Die Scheuerleisten hat er ja auch auftreiben können. Und das Ding muss einfach nur fest gemacht werden, das tut’s auch mit irgendwelchen Winkeln. Als er gehört hat, dass der Maler nochmal wiederkommen muss, meinte er, er käme dann auch nochmal – wegen den 10 Minuten. Na gut, sind wohl Freunde und Freundschaften soll man besser nicht zerstören. Der Kater ist auf’m Balkon gesperrt, weil er sonst über die Farbe läuft. Will rein. Soll ich nochmal den Bauleiter anrufen, ob denn die Elektriker noch kommen? Und was ist eigentlich mit dem Fliesenleger?

Es ist ja nicht so, dass jetzt hier heute alles total chaotisch laufen würde. Das ist ja schon vor Weihnachten gewesen, wo hier Wände eingefallen sind, als die die alten Fliesen abgeklopft haben, die Fliesenleger. Ich komm nur immer irgendwie damit nicht klar. Verletzung der Privatsphäre, oder so. Ja ach, auch dieser Dreck, der gnadenlose Lärm und dieses Rumgebrülle „Manni, bring noch ma noch 2 Meter Vierkant mit…“ Die haben auch nie das Werkzeug da, was sie brauchen. Ich bin kein Freund davon, nichts ist an seinem Ort. Ganz zu schweigen von den Radiosender, die so gehört werden. Aber die Klospühlung geht jetzt wirklich gut. Fast wie in der schicken Cocktailbar in Mitte, wo ich neulich war. Aber so richtig hilft das nicht über meine Langeweile hinweg. Man muss ja nicht immer auf’n Pott. Jetzt ist 14h, eigentlich hab ich gesagt, um 14h bin ich weg. Aber wenn ich den jetzt wegschicke, dann bin ich auch Montag lange hier. Ich denke, ich mach jetzt Frustessen. Oh, ich glaube, er fängt an, seinen Kram zusammen zu packen. Mal schauen… Tatsächlich. Na, dann nix wie weg hier!

Handwerker – die Zweite

Der Maler ist aufgetaucht, wegen den Türschwellen, Rahmen und Türen. Der hat ein bißchen das Gefühl, es wäre eigentlich nicht, zu streichen. So ist aber der Deal mit der Bauleitung, weil die trotz Absprechung, den Flur tapeziert haben und im Bad eine Bodüre gefließt haben, obwohl die Liebste das nicht wollte. Jetzt bleibt das so und die Liebste hat dafür noch um die Türen gezockt. Naja, der Maler macht jetzt Mittag. „Verdient?“ fragte der Tischler, der gerade gekommen ist, um die Scheuerleisten anzubringen, nachdem er die Türen wieder gerade gemacht hat, die sein älterer Kollege, der immer darüber klagt, dass seine Frau ihn verlassen hat und morgens schon immer ganz gut am Biertrinken ist, beim Anpassen schief abgeschnitten hatte. Aber der Tischler jetzt ist nett. Ein bißchen verwirrt, wollte erst nicht genug Leisten haben, hat dann aber doch noch welche aufgetrieben. Nur der Maler scheint mir ein bißchen langsam und dazu etwas faul. Der soll das Holz bitte vernünftig abschleifen, sonst ist da gleich wieder der Lack ab. Der Jung vom Samitär ist nochmal vorbeigekommen. Klospühlung geht jetzt. Nur der Elektriker läßt auf sich warten (haben die Leitungen falsch geschaltet, sodass im Bad und in der Küche keine Sicherung zuständig ist).

Ich weiss nicht, was es ist. Aber hier sind so viele Flüchtigkeitsfehler und am Ende wars immer der Andere. Ein befreundeter Architekt meint, das läge dran, dass die nicht genug Geld bekommen. Ich meine, dass sind ja alle ganz liebe Jungs und die wissen auch, dass in den Wohnungen eigentlich jemand leben will. Ich würde mich in meinem Arbeitsethos gekränkt fühlen, wenn ich eine Klospühlung einbaue, die nicht geht, oder ein Fenster einhänge, das beim Öffnen gleich wieder rausfällt. Das hat mit Geld nichts zu tun, sondern mit offensichtlicher Bräsigkeit.

Film: Kroko

Deutschland 2003 – Regie und Buch: Sylke Enders – Darsteller: Franziska Jünger, Alexander Lange, Hinnerk Schönemann, Danilo Bauer, Harald Schrott, Anja Beatrice Kaul, Kimberley Krump, Sabrina Braemer, Heidi Bruck, Jonny Chambilla, Inga Dietrich, Marlene Warnstedt, Doro Kaminski – 92min (basierend auf dem gleichnamigen Kurzfilm für die Reihe BOOMTOWN vom SFB)
:::: gesehen am 26.1.04 / Presseaufführung im Filmkunst 66

Die 16jährige „Kroko“ ist der eiskalte Engel, die Tussi-Deluxe aus einer Hochhaussiedlung in Berlin-Wedding. Als Ghetto-Königen stiftet sie ihre Gang zu kleinen Straftaten an. Ihre Mutter hat längst resigniert und selbst die Jungs ziehen den Schwanz ein. Für Kroko muss Coolness neu definiert werden. Eine Unnahbare Solariumprinzessin hinter einer Maske aus dicker Schminke und billigen Fummeln. Es scheint nichts zu geben, was Krokos gelangweilten Blick zum Schmelzen bringen könnte. Nichts, was ihre unerbährmliche Härte menschlicher machen könnte. Als sie vor Gericht wegen eines Autounfalls zu Sozialdienst in einer Behinderten-WG verdonnert wird, verdreht sie nur genervt die Augen. Null Bock auf „Spastis“. Doch in der Behinderten-WG entdeckt Kroko nach und nach etwas, was ihre Hinterhof-Gang ihr nicht bieten kann.

Für Heinz Badewitz – der Leiter der Hofer Filmtage – gehört laut epd-Film „Kroko“ zu seinen persönlichen Top20 der besten Deutschen Filme. Der Film ist eine Weiterentwicklung des gleichnamigen Kurzfilms und Sylke Enders Abschlussfilm an der dffb. In der langen Version hat die Regisseurin die Entwicklung der Beziehungen zwischen Kroko und den Behindern überzeugend heraus gearbeiten. Von anfänglich vollkommener Ablehnung, Über leichte Erschütterungen der versteinerten Mimik Krokos, bis zu emotionaler Wärme. „Franziska Jünger ist in dieser Rolle so lebensecht, dass am Ende ein einziges Lächeln schon zum Ereignis wird“, schrieb Michael Althen, in seinem Festvialbericht der Hofer Filmtage am 27.11.03 in der FAZ. Eine beeindruckende Wandlungsfähigkeit im Gesicht. Zusammen mit den Darstellern der Theatergruppe Thikwa entwickelt sich eine spannendes Thema ohne überzogene Sentimentalität, aber anrührend und komisch.

Der Film hat seinen Kinostart in Deutschland am 3.4.04