Berlin sein.

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Ungeschminkt und abgeblitzt Berlin sein. Jetzt hat diese Hauptstadt Kampagne „Sei Berlin!“ einen doch noch in die Fänge bekommen. Kann man nichts machen. Wagen wir also eine Bildanalyse:

Abgebildet im Stil eines Partyfotos sehen wir vier Individuen, eine Frau und drei Männer, die augenscheinlich zunächst wenig verbindet. Bestimmendes und damit stilbildendes Element ist ein knallroter Rahmen in Form einer eckigen Sprechblase. Der Rahmen zeigt ein Bild im Bild. Wir sehen aber nur, was im Rahmen ist, wünschen uns aber gleichzeitig einen Einblick in die Umgebung. Was passiert im Hintergrund? Wo sind die vier? Wir wissen es nicht. Der Blick bleibt uns verwehrt. Eine Antwort schuldet uns das Blitzlicht.

Konzentrieren wir uns aber auf das Innere des Rahmens. Sofort ins Auge fallen rechts die männliche sowie in der Bildmitte die weibliche Figur. Beide inszenieren sich mit aufgerissenen Augen und mit dem roten Rahmen im Mund, gerade zu so, als ob sie zubeissen wollten. Dieses könnte eine versteckte Metapher für das fehlende Erdnussangebot des Abends sein. Es könnte aber im weiteren Sinne auch eine existentielle Ausgehungertheit symbolisieren. Man nagt am Hungerholz. Diese Interpretation verstärkt sich, zieht man hinzu, mit welcher Intensität sich die beide an den roten Holzrahmen klammern. Ein genauerer Blick zeigt zudem an dem Rahmen deutliche Griff-, Biss- und Gebrauchspuren. Unsere Helden sind folglich nicht die ersten, die im Besitzt des Rahmens gekommen sind. Was soll der Rahmen symbolisieren? Ist es ein Rettungsring, ein Gefängnisgitter, oder gar der Zaun des Bundeskanzleramtes, an dem beide rütteln?

Weder noch. Der Rahmen ist eine eckige Sprechblase. Nicht mehr, nicht weniger. Der Rahmen ist Medium und damit Botschaft. Er symbolisiert, wie kantig Kommunikation manchmal sein kann. Und wie schwierig es oftmals ist, Worte, Fakten und gar Emotionen in ein schlüssiges Bild zu bringen. Die Irritation dieses Bestrebens einer rechtwinkeligen Kommunikation stellt sich links unten am roten Rahmen in Form der ausgeprägten Zickzacklinie dar. Diese Zickzacklinie macht das Rechteck erst zur abstrahierten Sprechblase. Die Irritation der Form eines Rechtecks wird zur Kommunikation. Doch wer kommuniziert in diesem Bild? Im klassisch Comic befindet sich der Sprechende unter seiner Sprechblase und nicht in ihr selbst. Anders hier. Sprechen die vier Figuren gar für sich selbst indem sie sich in der Sprechblase inszenieren? Spricht dieser Blogtext? Oder vielleicht ist das alles nur eine Berlinblase?

Fragen, die sich eventuell der Charakter am ganz linken Bildrand stellt. Anders als die drei Anderen schweift sein Blick entlang der Bilddiagonalen und in gleichzeitigem Einklang mit dem Winkel der Sprechblasenirritation weit nach oben aus dem Bild hinaus. Doch wohin schaut er? Und was sieht er dort? Und warum runzelt er die Stirn? In Korrespondenz mit dem im Blitzlicht gebrochenen Bildhintergrund verstärkt der Blick des linken Charakters den Eindruck, dass dort noch etwas außerhalb des Bilderrahmens im Gange ist, das wir nicht sehen sollen. Vielleicht ist es sogar heldenhafte Überhöhung im Stile der Leni Riefenstahl oder gar visionärer Weitblick, welche die Figur verkörpert. Vielleicht trifft sein Blick aber auch nur auf einen bemühten Imagefilm einer uns unerschlossenen Hauptstadt der die vier Figuren im Dauerloop umkreist. Wir wissen es nicht. Und darin zeigt sich die Meisterhaftigkeit des Künstlers.

Und das da links oben im Bilderrahmen, das bin ich. Und ich wurde im Laufe des Abend noch gefragt, ob ich für oder gegen den Wiederaufbau des Stadtschlosses sei.

Film: The Departed

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The Departed, USA 2006, Regie: Martin Scorsese. Gesehen am 6.6.2010 auf der Rückfahrt von Konstanz nach Berlin.

Ratten und Maulwürfe. Intrigen, Lügen, Geheimnisse und Korruption zwischen Gangstern und Polizei. Das gute, ehrliche Räuber-und-Gendarm-Spiel. In Konstanz hatten wir des Nachts noch „Werwolf“ gespielt, ein soziologisches Rollenspiel, bei dem es darum geht, seine eigene Identität zu tarnen und in der Gruppe gemeinsam die Identitäten der Einzelnen aufzudecken. Ein interessantes Spiel, an das dieser Film dann gedanklich anschloss.

Wenn man weiss, das es sich um eine Adaption der Hongkong-Gangsterfilmtrilogie „Infernal Affairs“ handelt, vergleicht man ständig Handlung, Charakterzeichnung, das andere Ende. Aber natürlich geht es Scorsese nicht um ein Eins-zu-eins-Remake, sondern „The Departed“ ist eine cross-nationale Adaption des Stoffes, ausgerichtet auf Scorseses Bild von und Kritik an der US-amerikanischen Gesellschaft. Fressen und gefressen werden, das gilt überall in der kapitalistischen Welt. In den USA mit moralischem Happy End, in Hongkong jedoch stirbt der korrupte Polizist am Ende nicht.

Schließlich habe ich diesen Film nach mehreren missglückten Ansätzen nun auch gesehen. Er fühlt sich aber für mich nicht ganz wie ein perfekt ausgehangener Scorsese an. Eher wie eine hohe Ambition, die während der Produktionszeit zur Pflichtübung wurde. Trotzdem sehr guter Film, natürlich.

Film: Sunshine Cleaning

Sunshine Cleaning, USA 2008, Regie: Christine Jeffs, mit: Amy Adams, Alan Arkin, Emily Blunt, Steve Zahn, Mary Lynn Rajskub. Gesehen am 4.6.2010 auf der Fahrt nach Koblenz

Um ihren jungen Sohn auf eine Privatschule senden zu können, gründet eine Mutter die Reinigungsfirma „Sunshine Cleaning“, die auf die Reinigung von Kriminalschauplätzen und auf biologische Abfälle spezialisiert ist. Zusammen mit ihrer jüngeren, etwas unzuverlässigen Schwester räumen sie verwahrloste Häuser auf oder wischen nach einer Schießerei das Blut von den Wänden. Sie erledigen aber nicht nur den Job, sondern können nicht umhin, sich mit den Hinterlassenen auseinander zu setzten. Praktische Trauerarbeit. Beide Töchter verbindet der frühe Tod der eigenen Mutter und beide haben keine feste Beziehung. Dann gibt es da noch den Vater der beiden, der immer wieder mit leicht verrückten Geschäftsideen scheitert, die er sich ausdenkt, um etwas Geld für seinen Enkel zusammen zu bekommen, den er für ein Genie hält.

Ich mochte den Wandel meiner eigene Wahrnehmung vom Stereotyp einer disfunktionalen Familie, die im Laufe des Films immer mehr zur Kernfamilie wird. Keine traditionelle, stromlinienförmige Kernfamilie, sonder eine mit Rissen und Rückschlägen, die aber umso mehr auf Zusammenhalt, die gemeinsame zurückliegende Trauer und auf ein Ur-Vertrauen baut. Schön und gut. Dabei ist das aber nicht in diesem verlogenen Hollywood-Familien-Sentiment inszeniert, dass mich auch gern zum Heulen bringt und worüber ich mich dann immer wieder ärgere. Nein, es ist vielmehr treibend, dass die Hauptfigur ihre Erwartungen gegenüber sich selbst und ihrer engen Verwandten gegenüber auflöst und schließlich jeder den anderen akzeptieren kann, wie er oder sie ist. Nicht perfekt, nicht idealtypisch, sondern mit einer ganz eigenen Familientradition.

Der Bodensee

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Nach brandenburgischem Sand, vorpommerschen Wiesen, niedersächsischen Hügeln, hessischen Hochhäusern und württenbergischen Bergen ist dann da auf einmal ein Meer. Der erste Eindruck: Wow, ich muss ein Foto machen! (Siehe oben) Und dann steigt man aus dem Zug aus und es riecht nach Hafen. Zwei alternde Blondinen fahren leichtbekleidet im roten Cabrio im Kreis um die Altstadt, die mich an einer Ecke an Tübingen und meine erste Freundin erinnert. Eine technische Hochschule am Ufer, mit Sonnenuntergang und Strandbar. Später die Segler mit ihren Frauen, die mit Strandschlappen über den Kirchplatz torkeln. Unterm Hotelfenster das Schaulaufen und cruisende BMWs vor McDonald’s. Im Fernsehen Miami Vice.

Gräsergalerie. Mommy Blogs. Barcamp Bodensee

Graesergallerie

Ich habe jetzt eine Gräsergalerie. Und für den Kleinen hat sich gestern eine neue Welt aufgetan, er kann nun greifen!

Blogs von Müttern.

Ich hatte die Eingabe, dass ich mich mal um Mütterblogs kümmern sollte. Meine Frau liest Erziehungsberater, ich mach das alles mehr so aus dem Bauch raus. Ein paar Blogs zu diesem ganzen Themensetting im Feedreader zu haben, könnte ja aber nicht schaden. Doch wo anfangen? Scheint das doch eine ganz eigene Welt. Gestern Abend stand ich vor einer Bar in Neukölln und hatte mich mit @bosch über Mütterblogs unterhalten. Der wusste, dass sich @svensonsan da schon mal rein recherchiert hat. Hab ich den mal angemailt. Gleich auch Antwort bekommen mit tollen Startpunkten in die Welt der Mommy Blogs:

Sven schrieb unter anderem:

„Es gibt ca. 80 Trilliarden Mummyblogs. Die spielen ein komplett eigenes Spiel im Netz. […] Das sind herzallerliebste Blogs die über ihr Leben schreiben. So wie wir das früher auch mal machten bis wir anfingen Geld mit dem Internet zu verdienen. Du findest Artikel über „ich räume meine Wohnung um und jetz sieht es so aus“, oder über selbstgebastelte Deko, Taschen, Bilder oder sonstigen Kram. […] Die haben Spaß, deutlich mehr als wir, zumindest denke ich das manchmal.“

Und Sven empfahl als Einstieg Frau … Mutti und alle auf der Blogroll dort. Ich finde es ganz großartig, dass es da draussen eine riesige Parallelblogosphäre gibt – nur mit Müttern. Und noch bemerkenswerter ist dieser ureigene, unverfälschte Geist des Bloggens, der da zu spüren ist. Faszinierend. Ich hoffe ich finde die Zeit mich da ein bisschen reinzulesen. Eventuell findet man ja auch noch eine Daddy-Blogosphäre, irgendwo da draußen in einem verborgenen Winkel des Heiseforums vielleicht?

Barcamp Bodensee

Ich fahre morgen aus beruflichen Gründen über’s Wochenende nach Konstanz zum Barcamp Bodensee. Das Wetter soll gut werden. Gibt es etwas, was ich mir unbedingt in Konstanz ansehen sollte? (Wie das klingt, „aus beruflichen Gründen“. Puh! Ich freu mich jedenfalls drauf.)

Webcuts.10

In diesem Blog muss jetzt mal wieder was passieren. Basta!

Ich war gestern Abend auf der Preisverleihung der webcuts.10, die im Rahmen der Webinale stattgefunden haben. Dort gab es kurzformatige Internetfilme. Das habe ich genossen. Danach gab es Freibier. Auch toll.

Ganz besonders aber habe ich aber genossen, mich im Anschluss an die Preisverleihung mit einem ehemaligen Chef von mir zu unterhalten. Eine Aussprache auf Augenhöhe, über Dinge, die ich vielleicht schon mal früher hätte besprechen wollen. Und über Dinge, die ich damals so auch noch gar nicht wusste und bestimmte Sachen heute im anderen Licht scheinen lässt. Was soll ich sagen? Geht einfach öfter mal zusammen ein Bier trinken, wenn’s irgendwo knirscht.

Aber nun zu den Filmen. Weiterlesen →

Olivia Bee



, originally uploaded by Olivia Bee.

Olivia Bee ist – nach eigenen Angaben – 15 Jahre alt und macht wunderbar verträumte Fotos von ihren Freunden und melancholischen Jugendwelten. oliviabee.com und auf flickr

Gestern war ich mit der 2-jährigen im Volkspark Jungfernheide. Eigentlich hatten wir zunächst beide keine rechte Lust. Es wurde dann aber doch noch ein sehr schöner, grauer Nachmittag. Man muss sich nur auf ihre Welt einlassen.