Karfreitag

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Steine schmeissen.

Es steckt in allem immer viel zu viel Erinnerung. Wo sollen sich dann die neuen Erlebnisse verankern, wenn nicht im Internet? Die Zweijährige hat sich mit hohem Interesse meine Babyfotos angesehen. Große Verwunderung jedoch über den Lauf der Natur.

Wer twittern kann, kann auch ausschlafen

(Tweet von @rudelbildung)

So schaut’s nämlich tatsächlich aus. Ich hab irgendwo auf dem Weg mal wieder mein Twitter-Mojo verbummelt. Seit zwei Wochen bin ich in der glücklichen Lage, festangestellt und hauptberuflich mich mit Social Media auseinander zu setzen. Promt hat sich natürlich mein Social Media Verhalten verändert. Dass, was man als Freelancer während der Arbeit auch immer irgendwie noch als „Recherche und Information“ verbucht oder sozial argumentiert als „virtuelle Bürogemeinschaft“, beurteilt man an einem Corporate-Rechner in einem größeren Büroraum und unter Zeitdruck gleich ganz anders. Dabei wurde mir sogar aus beruflichen Gründen ein Twitterclient installiert, ich werde neben Powerpoint und Meetings unter anderem auch beruflich bloggen, facebooken und twittern. Ebenso gehört zum Job dazu, immer informiert zu sein über die neuesten Studien, Trends und Veränderungen im Social Web. Trotzdem, es verändert sich spürbar. Es ist vermutlich nur eine kleine Umgewöhnung meines Workflows. Ich bin gespannt, wie sich diese Synthese aus Passion und Profession für mich weiter entwickeln wird. Die Möglichkeit der Trennung von persönlichem und beruflichem Twitter-Account habe ich überdacht, mich aber momentan noch dagegen entschieden.

Wahrscheinlich ist das alles gar nicht so wichtig, solange man souverän bleibt. Wie seht ihr das? Habt ihr Erfahrung mit dieser Grätsche zwischen beruflicher und privater Netzidentität gemacht?

nom24

Ich fühle mich total geehrt, gefragt worden zu sein, ob ich beim diesjährigen nom24 von nom nom nom mitsichten möchte. Wer’s nicht kennt: Vom kommenden Samstagabend bis Sonntag drauf machen wir alle Co-Fernsehen, 24 stunden lang. Da ich seit einiger Zeit einen gelegentlich stechenden Verlustschmerz bezüglich meines ehemals doch auch sehr weitschweifenden Fernsehkonsums verspüre, kommt mir das alles sehr gelegen, einmal etwas Medienarchäologie zu betreiben und mich mit Kennern und Liebhabern von ausufernden Fernsehfestspielen auf die Spuren dieses totgesagten Leitmediums des ausgegangenen Jahrhunderts zu begeben. Es wird eine abenteuerliche Reise, die viele Opfer, Leid aber auch Freude birgt.

Los geht es jetzt am Samstag, den 20.3.2010 und alles zwischen 18:10 und 18:10 ist erlaubt. Co-Blogging und alles weitere dann auf nomnomnom.de/24b/

35 Great Social Media Infographics (via: pamorama)

Heute war mein erster Arbeitstag im neuen Job. Folgend eine Sammlung an einigen sehr guten Infografiken zu Social Media (via Pamorama).
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Zu Identität und Datenhoheit

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Mir kommt es so vor, als sei es eine Zeit, in der die Frage nach Veränderung des Identitätsbegriffs und des eigenen Empfindens von Indentität im Internet wieder verstärkt diskutiert wird. Gleichzeitig gibt es eine erhöhte Auseindandersetzung mit Privatsphäre und Hoheit über die im Netz hängen bleibenden, personenbezogenen Daten. Folgend möchte ich mir dazu einfach mal ein paar Gedanken machen.

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[Berlinale 2010] Tag 8

Gesehen am Samstag, 20.2.2010

Seitsemän laulua tundralta – Seven Songs from the Tundra

Finnland, 2000 – Regie: Anastasia Lapsui, Markku Lehmuskallio

3B0752A2-B172-44C0-9B27-C73EA8B9243E.jpgAussehen und erinnern tut der Film sehr nach frühen ethnologischen Filmen, wie etwa der Klassiker dieses Genres Nanook of the North (1922). Tatsächlich ist dieser Film aus dem Jahr 2000 aber ein Spielfilm erzählt entlang von sieben traditionellen Liedern und mit Laienschauspielern über das Leben der Nenet, eines Nomadenvolkes im nördlichen Russland. Also auf jeden Fall ethnologisch interessant. Und auch wie gern gesehen wieder die typischen Konflikte zwischen kommunistischem Herrschaftsanspruch und den individuellen Bedürfnissen einer Dorfgemeinschaft. Die Regisseurin Anastasia Lapsui, selbst gebürtige Nenet, schrieb das Drehbuch, in dem sie Legenden und ihre eigenen Erfahrungen verarbeitete

Bibliothèque Pascal

Ungarn, Deutschland, 2010 – Regie: Szabolcs Hajdu

02C4EC3E-AD9D-439A-80BB-5B8895DC17FB.jpgDie Rahmenhandlung ist die einer Mutter, die um ihre Tochter wieder zu bekommen, im Jugendamt schildern muss, was ihr in den letzten drei Jahren widerfahren ist. Ihre Schilderung der Geschehnisse aus drei Jahren zieht den Zuschauer mit Macht in einen abenteuerlichen Plot, in dem Liebe, Verbrechen, Hellseherei, Auferstehung von den Toten, Frauenhandel und ein literarisches S/M-Bordell keine unbeträchtliche Rolle spielen. Der Film verpackt diese Geschichte einer alleinerziehenden osteuropäischen Mutter, die als Prostituierte in Liverpool landet, in prallbunte Bilder. Mit wunderschön kitschigen Special effects, traumwandlerisch langsamen Kamerafahrten und einem hypnotisierenden Soundtrack bringt der Regisseur das Kino dahin, wo es einmal zu Hause war: auf den Jahrmarkt; dahin, wo eine Geschichte fantasievoll und fesselnd sein darf und sich nicht mit Authentizitätsansprüchen plagen muss.

La belle visite

Kanada, 2009 – Regie: Jean-François Caissy

4101CC6E-CE93-434D-BA2B-9D59E0E415AF.jpgDiese Dokumentation eines Altersheims in einem ehemaligen Motel will keine Sozialstudie sein, sondern zielt auf einen ganz reduzierten Ansatz des Dokumentarischen: Möglichst keine Wertung, kein Kommentar zu sein, sondern nur Beobachtung. Die Bilder sind Tableaus der Entschleunigung und erzählen vom Zustand des Abwartens, von Ritualen im Alter und vom Vergehen der Jahreszeiten. Zuerst störte mich diese sehr starke Distanz, die zu den Menschen gehalten wird: keine Interviews, keine Hintergründe über das Leben der Senioren. Aber das genau will der Film. Die Bewohner des Altersheims sollen nicht Stichwortgeber für irgendwine soziologische Betrachtung sein, sondern sind Teil einer ganz unsentimentalen Elegie. Entstanden ist diese Haltung erst während der Filmarbeiten, erzählte der Regisseur.

Da bing xiao jiang – Little Big Soldier

Hongkong, China, Volksrepublik China, 2010 – Regie: Ding Sheng

F3ED23B5-4AFF-422B-BA05-824D7B0487FF.jpgLeider durch einen Druckfehler in meinem Programmheft hat das alles nicht so geklappt, wie geplant, sodass nun diese chinesische Historien-Unterhaltungsfilm mit Jackie Chan der letzte Film auf der diesjährigen Berlinale für mich wurde. Ein Soldat und sein Gefangener ziehen durch Geschehnisse in der „Zeit der Streitenden Reiche“ (475 v. Chr. − 221 v. Chr.), einer Periode der politischen Instabilität und gleichzeitig einer Blüte von Philosophie, Literatur, Kunst und Technologie in China. Der Soldat will seine Gefangenen in seine Heimat zurückbringen und die dafür übliche Belohnung kassieren. Beide Männer sind von Herkunft und Charakter sehr unterschiedlich, doch die lange abenteuerliche Reise schweisst beide freundschaftlich zusammen. Der Film hat Sentiment. Aber es ist eben auch ein Jackie Chan Film mit viel Rumms und der üblichen Kampfkomik.

[Berlinale 2010] Tag 7

Gesehen am Freitag, 19.2.2010

Father Of Invention

USA, 2009 – Regie: Trent Cooper

0DE6D83E-A730-46C1-9A30-469AC34B2D34.jpgKevin Spacey spielt einen Infomercial-Guru und Erfinder, der wegen einer Fehlkonstruktion eines seiner Produkte ins Gefängnis musste. Nun, nach acht Jahren Haft, will er Ehe, Ansehen und vor allem sein Imperium wieder zurück haben. Doch vor allem muss der Ex-Knacki seine von ihm als Vater enttäuschte, inzwischen 20-jährige Tochter gewinnen. Der Film ist im Stil ganz ähnlich gehalten wie der in den USA recht erfolgreichen Debütfilm „Larry the Cable Guy“ von Regisseur Trent Cooper. In alle dem Berlinale-Mischmasch war das ein wirklich erfrischender, amerikanischer Independentfilm. Allerdings hatte ich bis eben auch schon wieder vergessen, dass ich diesen Film vor einigen Tagen gesehen hatte. Er hat sich also in meiner Erinnerung nicht sonderlich hervorgehoben. Etwas überstrapaziert vielleicht das Hauptmotiv der Vater-Tochter-Beziehung, aber ich mag so Familienzusammenführungsthematiken ja immer sehr gerne. Bemerkenswert das ganz coole Ensemble: Kevin Spacey, Camilla Belle, Heather Graham, Johnny Knoxville, Virginia Madsen. Hat Spass gemacht.

Mammuth

Frankreich, 2010 – Regie: Benoit Delépine, Gustave de Kervern

C68CDE78-941A-40C5-BA15-920906A70498.jpgGérard Depardieu in der Rolle eines Schlachthofarbeiters, der gerade in Rente gegangen ist und feststellen muss, dass einige seiner Arbeitgeber in seinem Leben, den Lohn nicht gemeldet haben. Um an seine Pension zu kommen müssen also die entsprechenden Nachweise nachgeliefert werden. Auf Druck seiner Frau besteigt der Kerl sein altes Motorrad und kehrt zurück in die Orte seiner Jugend. Auf der Fahrt trifft er ehemalige Kollegen und alte Freunde. Und ganz allmählich wird ihm klar, dass ihn damals alle für einen Idioten gehalten haben – und dass sie es auch heute noch tun. Schöner, stiller Humor, der zum einen durch Körperkomik des korpulenten Depardieus aber auch durch die Charakterzeichnung wirkt: Es ist der etwas trottelige, ungeschickte aber liebevolle Obelix, der hier versucht, sein kleines Stück Wiedergutmachung zu erlangen.

Le départ – Der Start

Belgien, 1966/67 – Regie: Jerzy Skolimowski

56C2A8E7-60CC-4030-BCC8-575FDC152A86.jpgUnd dann beginnt nach den ganzen Tagen auf der Berlinale immer irgendwann die große Sehnsucht nach Filmen, die einfach gut sind, sich bewährt haben. Und dann lohnt sich immer wieder die Retrospektive. „Le départ“ ist ein schelmenhafter Film ganz im Stil der Nouvelle Vague. Ein Lehrling im Friseursalon träumt von schnellen Autos und will an einem Autorennen mitmachen. Dafür braucht er einen Porsche, doch woher nehmen? Alles dreht sich also um Geschwindigkeitsrausch, jugendlichen Leichtsinn und die unschuldige Verliebtheit in ein Mädchen. Wunderbar.

The Tales of Hoffmann – Hoffmanns Erzählungen

Großbritannien, 1950/51 – Regie: Michael Powell, Emeric Pressburger

909E47F2-7ADE-4C99-A53D-88A314FCCABE.jpgEbenfalls noch in der Retrospektive hinterher geschoben dann diesen Opern-Kostümfilm. E.T.A Hoffmann erzählt in Etappen, berauscht vom Wein und seiner Leidenschaft für die Tänzerin Stella, die Geschichten seiner drei großen Lieben: Olympia, Giulietta, Antonia. Viel Kostüm, Bühnenzauber und Tünneff – also eher nichts für mich. Doch aber beeindruckend die opernhaften Fantasmen und Schauwerte übertragen ins Medium Film. Muss aber gestehen, bin immer wieder eingenickt während des Films.